50 Jahre, 50 Gesichter: Das Jahr von Stuttgarts Meistertrainer Benthaus

50 Jahre, 50 Gesichter: Für DFB.de erzählt der Autor und Historiker Udo Muras die Geschichte der Bundesliga an Persönlichkeiten nach, die die deutsche Eliteliga prägten. Jahr für Jahr. Heute Helmut Benthaus, Stuttgarts Meistertrainer 1983/84.

Als er kam, fragte sich so mancher im Schwaben-Land: "Helmut wer?" In Zeiten, als der Fußball noch nicht bis in den letzten Winkel durchleuchtet war, konnten auch Ex-Nationalspieler noch in Vergessenheit geraten. Erst recht, wenn man sich wie Helmut Benthaus, der unter Sepp Herberger zu acht Länderspielen gekommen war, im Ausland aufhielt. 17 Jahre war Helmut Benthaus in der Schweiz aus dem Blickfeld der deutschen Fußball-Öffentlichkeit verschwunden, zuweilen hörte man im Mai etwas von einem Deutschen, der schon wieder mit dem FC Basel Meister geworden sei. Das war Benthaus immerhin vier Mal gelungen, aber was zählte das schon im Vergleich zu Titeln in der damals angeblich besten Liga der Welt?

VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder scheute sich 1982 dennoch nicht, den Intellektuellen aus der Schweiz an den Neckar zu locken, denn "mit seinem ruhigen, stets sachlichen Auftreten, mit seiner intelligenten abwägenden Art passt er ideal zu uns." In der Tat.

Auf Anhieb Dritter

Mit seinem Realschullehrer für Englisch und Sport wurde der VfB 1983 auf Anhieb Dritter, die Vorbehalte gegen Benthaus begannen zu schwinden. Nach der folgenden Saison hatten sie sich in Luft aufgelöst, Benthaus war 1984 im Trainer-Olymp angekommen. Und er schrieb Bundesliga-Geschichte, da er als erster sowohl als Spieler (1964 mit Köln) als auch als Trainer Meister geworden war.

Sein VfB beendete damals die fünfjährige Phase der Bundesliga, während der der Meister im Zweikampf zwischen den Bayern und dem HSV ermittelt wurde. Zwar waren am Ende drei Teams punktgleich, doch praktisch hatte der VfB schon am 33. Spieltag mit dem 2:1 in Bremen alles klar gemacht. "Ja, da sind wir Meister?", fragte Benthaus ZDF-Reporter Rolf Töpperwien, als er von den anderen Resultaten erfuhr. "Na klar seid ihr Meister", sagte "Töppi". Fast. Das 0:1 im letzten Spiel gegen den HSV war dank der guten Tordifferenz Makulatur und der VfB feierte nach 32 Jahren wieder eine Meisterschaft.

Vor allem dank Benthaus, den Kapitän Karl-Heinz Förster adelte: "Herr Benthaus versteht es hervorragend, mit uns umzugehen. Die Zeiten, da wir im einheitlichen VfB-Ausgehanzug auftreten mussten und nur Mineralwasser trinken durften, sind längst vorbei. Benthaus lässt uns unsere Freiräume." Karl Allgöwer ergänzte: "Er behandelt uns wie erwachsene Menschen." Benthaus selbst war mit dem Anspruch angetreten, den Spielern zu helfen, "dass sie nicht nur Fußball und Karten spielen können." Benthaus, der Hermann Hesse las und vor Auswärtsspielen gern Museen besuchte, war der Gegenentwurf zum Übungsleiter mit Trillerpfeife und Trainingsanzug. Erfolg hatte er trotzdem. Für viele war er der ideale Bundestrainer.

Als Bundestrainer im Gespräch



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50 Jahre, 50 Gesichter: Für DFB.de erzählt der Autor und Historiker Udo Muras die Geschichte der Bundesliga an Persönlichkeiten nach, die die deutsche Eliteliga prägten. Jahr für Jahr. Heute Helmut Benthaus, Stuttgarts Meistertrainer 1983/84.

Als er kam, fragte sich so mancher im Schwaben-Land: "Helmut wer?" In Zeiten, als der Fußball noch nicht bis in den letzten Winkel durchleuchtet war, konnten auch Ex-Nationalspieler noch in Vergessenheit geraten. Erst recht, wenn man sich wie Helmut Benthaus, der unter Sepp Herberger zu acht Länderspielen gekommen war, im Ausland aufhielt. 17 Jahre war Helmut Benthaus in der Schweiz aus dem Blickfeld der deutschen Fußball-Öffentlichkeit verschwunden, zuweilen hörte man im Mai etwas von einem Deutschen, der schon wieder mit dem FC Basel Meister geworden sei. Das war Benthaus immerhin vier Mal gelungen, aber was zählte das schon im Vergleich zu Titeln in der damals angeblich besten Liga der Welt?

VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder scheute sich 1982 dennoch nicht, den Intellektuellen aus der Schweiz an den Neckar zu locken, denn "mit seinem ruhigen, stets sachlichen Auftreten, mit seiner intelligenten abwägenden Art passt er ideal zu uns." In der Tat.

Auf Anhieb Dritter

Mit seinem Realschullehrer für Englisch und Sport wurde der VfB 1983 auf Anhieb Dritter, die Vorbehalte gegen Benthaus begannen zu schwinden. Nach der folgenden Saison hatten sie sich in Luft aufgelöst, Benthaus war 1984 im Trainer-Olymp angekommen. Und er schrieb Bundesliga-Geschichte, da er als erster sowohl als Spieler (1964 mit Köln) als auch als Trainer Meister geworden war.

Sein VfB beendete damals die fünfjährige Phase der Bundesliga, während der der Meister im Zweikampf zwischen den Bayern und dem HSV ermittelt wurde. Zwar waren am Ende drei Teams punktgleich, doch praktisch hatte der VfB schon am 33. Spieltag mit dem 2:1 in Bremen alles klar gemacht. "Ja, da sind wir Meister?", fragte Benthaus ZDF-Reporter Rolf Töpperwien, als er von den anderen Resultaten erfuhr. "Na klar seid ihr Meister", sagte "Töppi". Fast. Das 0:1 im letzten Spiel gegen den HSV war dank der guten Tordifferenz Makulatur und der VfB feierte nach 32 Jahren wieder eine Meisterschaft.

Vor allem dank Benthaus, den Kapitän Karl-Heinz Förster adelte: "Herr Benthaus versteht es hervorragend, mit uns umzugehen. Die Zeiten, da wir im einheitlichen VfB-Ausgehanzug auftreten mussten und nur Mineralwasser trinken durften, sind längst vorbei. Benthaus lässt uns unsere Freiräume." Karl Allgöwer ergänzte: "Er behandelt uns wie erwachsene Menschen." Benthaus selbst war mit dem Anspruch angetreten, den Spielern zu helfen, "dass sie nicht nur Fußball und Karten spielen können." Benthaus, der Hermann Hesse las und vor Auswärtsspielen gern Museen besuchte, war der Gegenentwurf zum Übungsleiter mit Trillerpfeife und Trainingsanzug. Erfolg hatte er trotzdem. Für viele war er der ideale Bundestrainer.

Als Bundestrainer im Gespräch

Nach der in der Vorrunde beendeten EM in Frankreich geriet er prompt ins Visier des DFB, der einen Nachfolger für Jupp Derwall suchte. Da Benthaus in seinem Abenteuer-Urlaub in Kanada nicht zu erreichen war, sprach Präsident Hermann Neuberger mit Franz Beckenbauer. Heute wissen nur noch wenige, dass der "Kaiser" eigentlich nach einem Jahr den Stab an Benthaus übergeben sollte und wollte. Denn nach seiner Rückkehr telefonierten Neuberger und Benthaus sofort und verabredeten, Kontakt zu halten. Benthaus wollte den VfB nicht im Stich lassen, gab aber sein Interesse am Bundestrainer-Job zu: "Ich werde ja auch nicht jünger, irgendwann will man nicht mehr wie der Löwe im Käfig rum springen. Für mich würde es sicherlich nicht nur sechs Länderspiele im Jahr geben, ich könnte mir vorstellen, auch mal eine Woche bei einem Klub zu verbringen." Moderne Ansichten.

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Diskutiert – aber nicht beschlossen – wurde auch das Modell Trainer Benthaus/ Berater Beckenbauer ab 1985. Beckenbauer sagte dem "kicker" gleich nach seiner Ernennung: "Ein Mann wie Helmut Benthaus, den ich nach mehreren Kontakten für sehr kompetent und vernünftig halte, der kommt auch ohne mich aus. Deshalb hoffe ich sehr, dass die Sache mit Benthaus klargeht!"

Doch wie so oft im schnelllebigen Fußball-Geschäft sollte es anders kommen, schon 1985 war Benthaus wieder auf dem Weg nach unten. Der Meister war im Folgejahr nur Zehnter geworden, man trennte sich am Saisonende und er ging zurück in die Schweiz, deren Staatsbürgerschaft er längst angenommen hatte. Und der Kaiser regierte noch fünf Jahre…

Helmut Benthaus' Bundesligabilanz: 102 Spiele als Trainer, Meister 1984, 38 Spiele als Spieler/2 Tore, Meister 1964.