Männer-Nationalmannschaft
Der "ewige Poldi": Weltmeister Podolski wird 40

Er kann es nicht lassen. Fußball war sein Leben und soll es noch ein Weilchen bleiben, weshalb Lukas Podolski seinen 40. Geburtstag heute nicht zum Anlass nimmt, es in eine andere Richtung zu lenken, wie es manche schon mit 30 und die meisten mit spätestens 35 tun.
Erst vor wenigen Tagen verkündete der Weltmeister von 2014, seine Karriere um ein (letztes) Jahr zu verlängern. Einer der beliebtesten deutschen Fußballer aller Zeiten verbringt den Abend seiner Karriere in seinem Geburtsland Polen, wo er bei Erstligist Gornik Zabrze noch immer ein Faktor ist und zuweilen durch spektakuläre Tore auffällt. Wie 2022, als ein Treffer in der polnischen Liga von den ARD-Zuschauern zum Tor des Jahres gekürt wurde. Natürlich mit links.
49 Tore in 130 Länderspielen
In der DFB-Historie hat es wohl nur wenige Spieler mit einem härteren und präziseren Linksschuss gegeben und definitiv keinen, der so viele Tore mit dem Linken erzielt hat - was unter Fußballern ja immer noch eine Besonderheit ist. Von 49 Toren für Deutschland in 130 Länderspielen zwischen 2004 und 2017 erzielte er laut DFB-Datenbank 42 mit seinem starken Fuß nebst fünf mit rechts und zwei per Kopf. Nach Spielen ist er die Nummer vier, nach Toren die Nummer drei der DFB-Geschichte. Und wenn Joshua Kimmich heute mit 30 sein 100. Länderspiel bestreiten wird, kann "Poldi" darüber nur schmunzeln. Mit 27 und damit so früh wie kein anderer in der DFB-Geschichte passierte er diese magische Marke.
Sein Verdienst um den deutschen Fußball ist nicht nur in Zahlen messbar. Podolski, den alle bis ins hohe Fußballeralter nur "Poldi" riefen und rufen, war ein Gesicht des Aufbruchs nach dem Fehlstart ins neue Jahrtausend. 2004 schied die Nationalmannschaft zum zweiten Mal in Folge in einer EM-Vorrunde aus, und Bundestrainer Rudi Völler trat zurück. Neue Männer brauchte das Land auf dem Weg zur WM in eben diesem. Das hatte Völler selbst schon erkannt und zur allgemeinen Überraschung zwei Teenager mit zur EM nach Portugal genommen: den 19 Jahre alten Münchner Bastian Schweinsteiger und den ein Jahr jüngeren Kölner Lukas Podolski. Die beiden debütierten am 17. Februar 2004 gemeinsam in der U 21 (1:0 gegen die Schweiz) und am 6. Juni 2004 in Kaiserslautern gegen Ungarn (0:2) in der A-Nationalmannschaft.
Einer, der nicht lange fackelt
Fortan gingen sie über ein Jahrzehnt gemeinsam ihren Weg im DFB-Dress. Podolski war 2004 der Lichtblick in der Kölner Mannschaft, die am Saisonende abstieg. Zehn "Poldi"-Tore in 19 Einsätzen sprachen Bände, da wuchs ein Riesentalent heran. Ein Junge, der nicht lange fackelte. Nicht am Ball und nicht am Mikrofon. Er war direkt, lustig und manchmal auch unfreiwillig komisch, wenn er Sprichwörter und Floskeln im Poldi-Style umwandelte: "Jetzt müssen wir die Köpfe hochkrempeln - und die Ärmel natürlich auch."
Der Junge wurde schneller zu einem Typen, als andere Typ sagen konnten. Verbale Flachpässe waren von ihm nicht zu befürchten, und wenn mal was daneben ging ("So ist Fußball, manchmal gewinnt der Bessere"), bekam er sogar noch einen Preis dafür: Es war der Fußballspruch des Jahres 2006. Dank seiner Beliebtheit, die natürlich auch auf seinen Leistungen basierte.
Zweimal bereits hatten ihn die Bundesligakollegen zum Spieler des Monats gewählt, als er noch 17 war. Im kicker erhielt er am 17. Mai 2004 eine Porträt-Doppelseite. Titel: "Den muss man einfach mögen." Sein Jugendtrainer Frank Schaefer sagte: "Lukas gibt zu größten Hoffnungen Anlass. Einen leistungslimitierenden Faktor sehe ich bei ihm nicht."
Podolski und Klose: Traumduo bei der WM 2006
Podolski, Kind polnischer Auswanderer und in Bergheim bei Köln aufgewachsen, wunderte sich über seine plötzliche Popularität: "Da tauchen plötzlich Verwandte auf, die sich seit zehn Jahren nicht gemeldet haben." Nach seinen Zielen befragt, sagte er: "Bei der WM 2006 möchte ich gerne dabei sein." Der neue Bundestrainer Jürgen Klinsmann erfüllte ihm diesen Wunsch und gab ihm mehr als nur einen Teilzeiteinsatz wie Völler bei der EM 2004.
Klinsmann vertraute dem Sturmjuwel so sehr, dass er ihn 2004/2005 in dessen Zweitligajahr mit dem 1. FC Köln, das er als Torschützenkönig beendete, zwölfmal einsetzte. Weshalb er den Länderspielrekord für einen Kicker der 2. Bundesliga seit deren Einführung 1974 hält. In die WM 2006 ging er zwar erneut als Absteiger, Köln bestieg wieder den Fahrstuhl nach unten, nun aber mit einem Vertrag für Bayern München in der Tasche.
Im DFB-Team war er gesetzt und bildete mit Miro Klose ein Sturmduo, das traumhaft harmonierte. Am besten im Achtelfinale gegen die Schweden (2:0), als Podolski beide Tore nach Kloses Vorarbeit erzielte. Deutschland wurde bei seiner Sommermärchen-WM Dritter, Podolski stand in allen Partien auf dem Rasen. Mit 21 erreichte er im Rückblick seinen Höhepunkt als Stammkraft der Nationalmannschaft, das war ungewöhnlich.
2008 Meister mit dem FC Bayern
Aber auch bei der EM 2008, der WM 2010 und der EM 2012 unter Joachim Löw war Lukas Podolski Stammspieler. Er zahlte das Vertrauen zurück mit wichtigen Toren wie beim EM-Auftakt 2008 gegen sein Heimatland Polen (beide beim 2:0). Seine Unbekümmertheit verlor er nie, auch wenn das Profileben rauer wurde.
Nachdem er das schützende Kölner Nest verlassen hatte, machte er in drei Münchner Jahren die Erfahrung, die viele Toptalente und gestandene Nationalspieler dort machen mussten. Seinen Stammplatz hatte er dort nicht so sicher wie im DFB-Team, 38-mal wurde er in der Liga nur eingewechselt. Aber so ähnlich erging es dort auch einem Miroslav Klose oder Mario Gomez. Immerhin verbrachte "Poldi" drei Jahre an der Seite seines Kumpels "Schweini" und wurde 2008 zum einzigen Mal mit einem Verein Meister.
2009 kehrte Podolski nach Köln zurück, wo er längst Kult war, und verbrachte drei weitere Jahre bei seinem Lieblingsklub. Nach dem dritten Abstieg (2012) mit den Geißböcken zog es ihn ins Ausland. Podolski, so schien es, wollte die Welt kennenlernen. Mit dem FC Arsenal gewann er den FA-Cup, in einer halbjährigen Leihe bei Inter Mailand neue Einsichten, mit Galatasaray Istanbul den türkischen und Vissel Kobe den japanischen Pokal.
"Ich bin einfach stolz"
Den wichtigsten Titel holte er aber im DFB-Dress, auch wenn sein Anteil an der Weltmeisterschaft 2014 vergleichsweise gering war. Joachim Löw setzte Lukas Podolski in Brasilien in zwei Vorrundenspielen ein, aber sein Wert für das Team bemaß sich auch in diesem Punkt nicht nur in Zahlen. "Poldi" war Gold wert für das Klima, die Kabine und ein guter Reservist, der nie schlechte Stimmung machte - eher war das Gegenteil der Fall. Bei Turnieren ist das umso wichtiger, und so nahm ihn Löw 2016 ein letztes Mal zu einem solchen mit. Bei der EM in Frankreich gönnte der Bundesrainer dem gealterten Stürmer angesichts starker, jüngerer Konkurrenz nur noch einen Jokereinsatz gegen die Slowakei.
Die Stimmen mehrten sich, dass es nun allmählich gut sein könnte, und alle beim DFB waren darauf bedacht, Podolski einen guten Abschied zu verschaffen. Den bekam er - und er geriet fast zu kitschig. Am 22. März 2017 lief Podolski gegen England in Dortmund als Kapitän auf und erzielte mit einem Prachtschuss das einzige Tor des Tages, das zum Tor des Monats und Tor des Jahres) gewählt wurde - wie zwölf weitere Traumtreffer von ihm. Auch in dem Punkt ist er deutscher Rekordhalter.
Aber sein letztes Tor hat er ja noch lange nicht geschossen, wie er uns nun wissen ließ. "Ich schaue immer, wo ich herkomme: Ich komme aus Polen", sagt er. "Vom Bolzplatz, aus dem Nichts, und ich kann heute über viele schöne Momente sprechen. Natürlich gehören auch die schlechten Phasen und Abstiege dazu. Aber ich bin einfach stolz, dass ich den Traum noch leben darf und so viele schöne Momente hatte."
Kategorien: Männer-Nationalmannschaft, Weltmeisterschaft
Autor: um

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