Futsal-Nationaltrainer Loosveld: "Das Potenzial ist enorm"

Einst lehnte Marcel Loosveld als Spieler ein Profiangebot ab, um bei der ersten Futsal-Weltmeisterschaft dabei zu sein. Als Trainer will er jetzt mit der deutschen Futsal-Nationalmannschaft ebenfalls zu den großen Turnieren. Mit dem niederländischen Nationalteam ist ihm das bereits geglückt - 2014 führte er die Auswahl bis in die Endrunde der Europameisterschaft. Bis 2016 war Loosveld sieben Jahre als Bondscoach aktiv. Vor dem Finale um die Deutsche Futsal-Meisterschaft am Sonntag (ab 17 Uhr, live auf Sport1) spricht der 54 Jahre alte Niederländer im DFB.de-Interview mit Redakteur Tim Noller über die Rivalität zwischen Deutschland und Holland und seine Pläne mit der DFB-Auswahl.

DFB.de: Herr Loosveld, wie kommt ein Niederländer eigentlich auf die Idee, eine deutsche Nationalmannschaft zu trainieren?

Marcel Loosveld: Als ich im Sommer 2016 als Trainer der holländischen Nationalmannschaft aufgehört hatte, stand für mich fest, dass ich nur noch einen Job annehme, der mich wirklich interessiert, eine spannende Herausforderung, die mir Freude bereitet. Die Vorstellung, in einem kleinen Appartement in China zu sitzen, um das große Geld zu verdienen, hat mich nicht sehr überzeugt. Die deutsche Futsal-Nationalmannschaft befindet sich noch in der Anfangsphase, alle Beteiligten sind mit viel Leidenschaft bei der Sache. Das Potenzial ist enorm, das reizt mich sehr.

DFB.de: Die besondere Rivalität zwischen Ihrem Heimatland und Deutschland hat Sie also nicht abgeschreckt?

Loosveld: (lacht) Nein, ich weiß ja, woran das liegt. Es geht auf die Weltmeisterschaft 1974 zurück. Holland hat damals den besten Fußball gespielt, Deutschland ist Weltmeister geworden. Ich war damals elf Jahre alt, konnte drei Nächte nicht schlafen und es hat sehr wehgetan. Jetzt sind wir aber mehr als 40 Jahre weiter, Deutschland spielt einen sehr attraktiven und erfolgreichen Fußball, und ich möchte dazu beitragen, dass dies auch bald für den Futsal gilt.

DFB.de: Wie sind Sie mit dem Futsal in Berührung gekommen?

Loosveld: Als ich 18 Jahre alt war, spielte ich in der höchsten holländischen Amateurliga. In derselben Stadt gab es auch einen Futsal-Verein und ich wurde gefragt, ob ich Lust darauf hätte. Wir waren Pioniere, die meisten Spieler haben sich untereinander gekannt. Futsal war großartig. Ich habe sogar ein Profiangebot aus dem Fußball abgelehnt, um bei der ersten Futsal-Weltmeisterschaft 1989 dabei zu sein.

DFB.de: Die WM fand passenderweise in der Niederlande statt.

Loosveld: An dieses Turnier denke ich sehr gerne zurück. Ich war Stammspieler im Nationalteam, habe im Halbfinale gegen die USA ein starkes Spiel gemacht und sogar im Finale gegen Brasilien getroffen. Das Tor findet man sogar noch auf YouTube.

DFB.de: Wie ging es danach weiter?

Loosveld: Nach der WM habe ich noch in den USA für die Dallas Sidekicks gespielt, 2000 habe ich dann aufgehört und als Trainer angefangen. Über den Holländischen Fußball-Verband habe ich die verschiedenen Fortbildungen zum Futsal-Trainer absolviert und ab 2003 begonnen, holländische Juniorenauswahlen zu trainieren. Bis ich 2009 das Nationalteam übernommen habe.

DFB.de: Inwiefern profitieren Sie als Trainer von Ihren Erfahrungen als Futsal-Spieler?

Loosveld: Ich sage immer: Bücher sind gut und schön, aber Erfahrungen ersetzen sie nicht. In der Arbeit mit den Spielern merke ich, dass durch meine Vergangenheit ein gewisser Respekt vorhanden ist.

DFB.de: Was fasziniert Sie am Futsal so sehr?

Loosveld: Die Schnelligkeit, die Technik, auch die Körperlichkeit, die viele Leute dem Futsal fälschlicherweise absprechen. Von der einen auf die andere Sekunde kann unheimlich viel passieren. Ich habe mich vor einigen Monaten mit einem Spielanalysten des PSV Eindhoven getroffen und mit ihm gemeinsam ein Fußballspiel angeschaut. Nach 15 Minuten habe ich gedacht: "Da passiert nichts, das ist mir zu langweilig." Im Futsal gibt es hingegen ständig Torszenen und Zweikämpfe. Das fasziniert mich.



Einst lehnte Marcel Loosveld als Spieler ein Profiangebot ab, um bei der ersten Futsal-Weltmeisterschaft dabei zu sein. Als Trainer will er jetzt mit der deutschen Futsal-Nationalmannschaft ebenfalls zu den großen Turnieren. Mit dem niederländischen Nationalteam ist ihm das bereits geglückt - 2014 führte er die Auswahl bis in die Endrunde der Europameisterschaft. Bis 2016 war Loosveld sieben Jahre als Bondscoach aktiv. Vor dem Finale um die Deutsche Futsal-Meisterschaft am Sonntag (ab 17 Uhr, live auf Sport1) spricht der 54 Jahre alte Niederländer im DFB.de-Interview mit Redakteur Tim Noller über die Rivalität zwischen Deutschland und Holland und seine Pläne mit der DFB-Auswahl.

DFB.de: Herr Loosveld, wie kommt ein Niederländer eigentlich auf die Idee, eine deutsche Nationalmannschaft zu trainieren?

Marcel Loosveld: Als ich im Sommer 2016 als Trainer der holländischen Nationalmannschaft aufgehört hatte, stand für mich fest, dass ich nur noch einen Job annehme, der mich wirklich interessiert, eine spannende Herausforderung, die mir Freude bereitet. Die Vorstellung, in einem kleinen Appartement in China zu sitzen, um das große Geld zu verdienen, hat mich nicht sehr überzeugt. Die deutsche Futsal-Nationalmannschaft befindet sich noch in der Anfangsphase, alle Beteiligten sind mit viel Leidenschaft bei der Sache. Das Potenzial ist enorm, das reizt mich sehr.

DFB.de: Die besondere Rivalität zwischen Ihrem Heimatland und Deutschland hat Sie also nicht abgeschreckt?

Loosveld: (lacht) Nein, ich weiß ja, woran das liegt. Es geht auf die Weltmeisterschaft 1974 zurück. Holland hat damals den besten Fußball gespielt, Deutschland ist Weltmeister geworden. Ich war damals elf Jahre alt, konnte drei Nächte nicht schlafen und es hat sehr wehgetan. Jetzt sind wir aber mehr als 40 Jahre weiter, Deutschland spielt einen sehr attraktiven und erfolgreichen Fußball, und ich möchte dazu beitragen, dass dies auch bald für den Futsal gilt.

DFB.de: Wie sind Sie mit dem Futsal in Berührung gekommen?

Loosveld: Als ich 18 Jahre alt war, spielte ich in der höchsten holländischen Amateurliga. In derselben Stadt gab es auch einen Futsal-Verein und ich wurde gefragt, ob ich Lust darauf hätte. Wir waren Pioniere, die meisten Spieler haben sich untereinander gekannt. Futsal war großartig. Ich habe sogar ein Profiangebot aus dem Fußball abgelehnt, um bei der ersten Futsal-Weltmeisterschaft 1989 dabei zu sein.

DFB.de: Die WM fand passenderweise in der Niederlande statt.

Loosveld: An dieses Turnier denke ich sehr gerne zurück. Ich war Stammspieler im Nationalteam, habe im Halbfinale gegen die USA ein starkes Spiel gemacht und sogar im Finale gegen Brasilien getroffen. Das Tor findet man sogar noch auf YouTube.

DFB.de: Wie ging es danach weiter?

Loosveld: Nach der WM habe ich noch in den USA für die Dallas Sidekicks gespielt, 2000 habe ich dann aufgehört und als Trainer angefangen. Über den Holländischen Fußball-Verband habe ich die verschiedenen Fortbildungen zum Futsal-Trainer absolviert und ab 2003 begonnen, holländische Juniorenauswahlen zu trainieren. Bis ich 2009 das Nationalteam übernommen habe.

DFB.de: Inwiefern profitieren Sie als Trainer von Ihren Erfahrungen als Futsal-Spieler?

Loosveld: Ich sage immer: Bücher sind gut und schön, aber Erfahrungen ersetzen sie nicht. In der Arbeit mit den Spielern merke ich, dass durch meine Vergangenheit ein gewisser Respekt vorhanden ist.

DFB.de: Was fasziniert Sie am Futsal so sehr?

Loosveld: Die Schnelligkeit, die Technik, auch die Körperlichkeit, die viele Leute dem Futsal fälschlicherweise absprechen. Von der einen auf die andere Sekunde kann unheimlich viel passieren. Ich habe mich vor einigen Monaten mit einem Spielanalysten des PSV Eindhoven getroffen und mit ihm gemeinsam ein Fußballspiel angeschaut. Nach 15 Minuten habe ich gedacht: "Da passiert nichts, das ist mir zu langweilig." Im Futsal gibt es hingegen ständig Torszenen und Zweikämpfe. Das fasziniert mich.

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DFB.de: Auch die Premiere der deutschen Futsal-Nationalmannschaft im Herbst 2016 faszinierte. Begeisterte Zuschauer in der Halle, beachtliche Einschaltquoten im Fernsehen und dramatische Szenen auf dem Feld. Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus diesen beiden Spielen gegen England in Hamburg?

Loosveld: Ich habe die Spiele analysiert. Das Team hat gute Dinge gemacht und mit viel Leidenschaft gespielt, aber es gibt natürlich auch noch Bereiche, an denen wir arbeiten müssen.

DFB.de: Im Januar haben Sie den Futsal-Länderpokal in Duisburg besucht.

Loosveld: Ich habe mir so viele Spiele wie möglich angeschaut, und natürlich sind mir auch einige Talente aufgefallen. Die künftigen Nominierungen werden anders aussehen. Schließlich muss ich mir überlegen, aus welchen Spielern ich in den nächsten zwei Jahren ein Team formen kann, das Futsal auf einem hohen Niveau spielt. Das hat für mich die höchste Priorität.

DFB.de: Was muss ein Futsal-Spieler aus Ihrer Sicht mitbringen?

Loosveld: Das hängt stark von der Position ab. Spielintelligenz ist in der Offensive und Defensive sehr wichtig. Mir wird zu häufig über Begriffe wie "Revanche nehmen" gesprochen. Das ist der falsche Ansatz. Nein, wir müssen besser spielen. Um diese Entwicklung voranzutreiben, bin ich hier. Die Spieler müssen deshalb den Anspruch haben, sich in jedem Training zu verbessern - besonders im taktischen Bereich.

DFB.de: Wie haben Sie die Nationalmannschaft bei der EM-Qualifikation in Lettland gesehen? Nach einer Niederlage gegen Armenien und einem Remis gegen Lettland feierte die Mannschaft gegen Estland ihren ersten Pflichtspielsieg.

Loosveld: Es war die erste Qualifikation für das deutsche Nationalteam. Da ist es normal, dass man noch Lehrgeld bezahlen muss. Deutschland hatte von allen Teams möglicherweise das größte Potenzial, aber es fehlte noch an Erfahrung. Mit einem Sieg gegen Estland werde ich mich künftig nicht zufrieden geben.

DFB.de: Worauf werden Sie in Ihrer Arbeit das Hauptaugenmerk legen?

Loosveld: Ich werde in den kommenden Monaten ein Team formen, das mir gefällt. Also Spieler, die meine Kriterien erfüllen und meine Philosophie verinnerlichen. Um diese Spieler zu sichten, werde ich mir viele Spiele anschauen, aber auch mit Vereins- und Verbandstrainern sprechen. Ich möchte ein offenes Gespräch, um gemeinsam eine Antwort auf die Frage zu formulieren: Wie können wir den Futsal in Deutschland bestmöglich voranbringen?

DFB.de: Dürfen sich die Futsal-Fans auf weitere Länderspiele freuen?

Loosveld: Viele Leute würden wohl argumentieren, dass es für die Mannschaft am besten ist, so viel wie möglich zu spielen. Das sehe ich anders. Nach einer EM-Qualifikation ist es ratsam, die Leistungen zunächst auszuwerten. Danach lässt sich besser entscheiden, wie man weiter vorgehen möchte. Einen ersten Lehrgang plane ich deshalb erst im Juni, um den Spielern meine Vorstellungen zu erklären. Vorher machen Länderspiele aus meiner Sicht keinen Sinn. Für September ist ein Turnier mit mehreren Nationen geplant.

DFB.de: Ihr Vertrag endet nach der Qualifikation zur Europa- und Weltmeisterschaft. Inwieweit ist eine erfolgreiche Qualifikation realistisch?

Loosveld: Wenn ich mir die Ergebnisse in Lettland ansehe, ist es aktuell noch unrealistisch. Am besten fragen Sie mich in einem Jahr noch mal, nachdem ich mit der Mannschaft trainiert habe und verlässlicher einschätzen kann, was möglich ist. Das Potenzial ist definitiv vorhanden, weshalb ich an unseren Erfolg glaube. Mein Ziel ist es, dass wir uns im spielerischen Bereich schon bald mit den Ländern aus der erweiterten Weltspitze messen können.

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DFB.de: Am Wochenende entscheidet sich die Deutsche Futsal-Meisterschaft. Waren Sie bei den Viertel- und Halbfinalbegegnungen persönlich vor Ort?

Loosveld: Ja, ich habe mir zwei Spiele persönlich angeschaut. Ich habe das Viertelfinale Karbach gegen Fortis Hamburg gesehen und war zuletzt beim Halbfinalspiel von Jahn Regensburg gegen die Hamburg Panthers.

DFB.de: Mit welchen Eindrücken gingen Sie nach Hause?

Loosveld: Das Spiel Regensburg gegen Hamburg war ein gutes Spiel, besonders für die Zuschauer. Die Atmosphäre in der Halle war gut. Hamburg hat sich nach einem frühen Gegentor zurückgekämpft und durch ein gutes Umschaltspiel schöne Tore gemacht. In der zweiten Hälfte kam Regensburg dann besser ins Spiel. Mit dem fliegenden Torwart haben sie die Überzahlsituationen kurz vor Schluss sehr gut ausgenutzt und sind so noch zum Ausgleich gekommen.

DFB.de: Wo sehen Sie in Deutschland noch Nachholbedarf im Vergleich zu den Niederlanden?

Loosveld: Die Schwachstellen liegen im taktischen Bereich. Zudem ist die Spitze der Mannschaften in Deutschland noch zu klein. Doch das Niveau der beiden Halbfinalbegegnungen war sehr ordentlich. Hier müssen wir ansetzen. Wir brauchen in Deutschland künftig mehr Spiele auf diesem Niveau. Gerade deshalb müssen wir viel Zeit in die Ausbildung investieren. Ich bin mit den Auswahltrainern der Landesverbände im Austausch. Wir haben eine Idee und ein Konzept, in das wir auch die Vereinstrainer miteinbinden werden.

DFB.de: In den vergangenen Jahren hat sich im deutschen Ligabetrieb einiges getan. Regionalligen wurden aufgebaut, und auch in den Landesverbänden gibt es immer mehr Ligen. Wie wichtig ist dieser Trend für eine erfolgreiche Nationalmannschaft?

Loosveld: Eine Nationalmannschaft ist immer nur so gut wie ihre nationale Liga. Es gibt zwei Ansätze: Man könnte so schnell wie möglich eine Bundesliga gründen, die dann auf die unteren Spielklassen ausstrahlt. Oder wir bauen die Futsal-Strukturen von unten aus auf, verstärken also die Vereine, die noch relativ schlecht organisiert sind. Aus meiner Sicht wäre eine Mischung aus beiden Ansätzen die beste Lösung.

DFB.de: Die Gründung einer Bundesliga halten Sie also für sinnvoll?

Loosveld: Wenn man Ideen hat, muss man sie mit den Willigen umsetzen. Sobald es genügend Teams gibt, die an einer Bundesliga teilnehmen möchten und können, kommen neue Fragen auf: Wie viele Mannschaften sollen daran teilnehmen? Wäre es sinnvoll, pro Team nur zwei ausländische Spieler zu erlauben, um deutsche Spieler besonders zu fördern?

DFB.de: Unabhängig von einer möglichen Bundesliga: Welche Entwicklung stellen Sie sich im Amateurbereich vor?

Loosveld: Strukturen erwachsen weder durch einzelne Personen noch von heute auf morgen. Natürlich kann ich als Nationaltrainer Fortbildungen leiten und ein Konzept für den Futsal in Deutschland ausarbeiten - das ganze Land kann ich damit aber nicht erreichen. Deshalb sollten wir die Verbandstrainer für Futsal verantwortlich machen. Sie müssen Vereine und Schulen besuchen, um die Amateurvereine über Futsal zu informieren.

DFB.de: Kennen Sie eigentlich den Hallenfußball, der in Deutschland lange Zeit ausschließlich gespielt wurde?

Loosveld: Diese Hallenturniere aus den 90er-Jahren kenne ich noch. Als früher noch Bundesligamannschaften mitgespielt haben, gab es ein großes Interesse. Den Fußball mit den großen Toren, dem Filzball und Banden habe ich aber nie gemocht, der ist mir zu langweilig.

DFB.de: Was hat Futsal dieser Variante voraus?

Loosveld: Für mich wirkte diese traditionelle Variante immer ein bisschen wie Altherrenfußball. Futsal ist das genaue Gegenteil. Es gibt unheimlich viele Drucksituationen für die Spieler, sie müssen sehr schnell entscheiden und die technischen Fähigkeiten besitzen, diese Entscheidungen auch umzusetzen. Wenn man sich den modernen Fußball vor Augen führt, erkennt man starke Ähnlichkeiten zum Futsal, besonders was das schnelle Umschaltspiel und ein aggressives Pressing angeht.

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