Werner Liebrich zum 90.: Der lange Weg des "kleinen Fahrers"

Sein Weg war holprig und alles andere als einfach, am Ende aber führte er ihn zum WM-Titel 1954. Werner Liebrich ist einer der Helden von Bern, heute wäre der Abwehrspieler 90 Jahre alt geworden. DFB.de würdigt den großen Kaiserslauterer.

Die Helden von Bern sind ein Stück Kulturgut von Deutschland geworden. Über 60 Jahre nach dem Triumph im WM-Finale 1954 dürfte es immer weniger Deutschen gelingen, die ganze Elf aufzuzählen. Torschützen bleiben natürlich präsent wie "Boss" Helmut Rahn, der auf ewig aus dem Hintergrund schießen dürfte, und Kultfiguren wie Kapitän Fritz Walter, nach dem das Kaiserslauterer Stadion benannt ist. Oder Torwart Toni Turek, der in der Radioreportage von Werner Zimmermann zum "Fußballgott" wurde. Diejenigen, die schon damals etwas im Schatten standen, obwohl auch sie ihre Rolle meisterhaft spielten, sind heute fast vergessen. Ein Grund mehr, um an Werner Liebrich zu erinnern, der heute 90 Jahre geworden wäre.

Eigentlich hatten sie schon einen Liebrich beim FCK, und der hatte es sogar schon auf einen Spitznamen gebracht. Fritz Walter persönlich ermahnte Ernst Liebrich bei seinem Debüt in der ersten Mannschaft, er möge künftig etwas resoluter dazwischen fahren. Der gehorchte, und so nannten sie ihn "den Fahrer". Als im Kriegsjahr 1944 der erst 17 Jahre alte Werner Liebrich zum Team stieß, musste ihm das keiner sagen. Resolutes Einsteigen lag ihm im Blut, und es passte zu seinen rotblonden Haaren. Und so nannten sie ihn "den kleinen Fahrer".

Kindheit in ärmlichen Verhältnissen

Weil der Vater Kommunist gewesen war und von den Nazis eingesperrt worden war - und somit der Ernährer für fast zwei Jahre wegfiel -, wuchs Werner Liebrich in ärmlichen Verhältnissen auf. In jenen Tagen sollte dies oft die Triebfeder einer großen sportlichen Karriere sein. Werner machte seinen Weg, debütierte zeitnah in der Südwestauswahl und zählte zu den Kandidaten, die Sepp Herberger am 22. November 1950 für das erste Nachkriegsländerspiel im Blick ("Ich habe nie einen Roten gesehen, der kein guter Fußballer war") und vor allem in seinem legendären Notizbuch hatte. Das Sport Magazin charakterisierte in jenem Jahr Liebrich II, wie man ihn damals titulierte, als "starken Zerstörer, Abwehrrückgrat, Abwehr-Angelpunkt, taktisch klug, zuverlässig, hartnäckig".

Sein Länderspieldebüt ließ dennoch auf sich warten. Es erfolgte am 17. Juni 1951 in Berlin gegen die Türkei und endete mit einer Enttäuschung (1:2) - auch für den jungen Postbeamten Liebrich (bis 1956 angestellt). Das Sport Magazin kritisierte: "Liebrich konnte den verletzten Nürnberger Baumann in keiner Phase vergessen lassen. Trotz mancher Erfolge im forschen, einige Male zu forschen Nahkampf, wirkte er beim Start zum Gegner oft langsam..."



Sein Weg war holprig und alles andere als einfach, am Ende aber führte er ihn zum WM-Titel 1954. Werner Liebrich ist einer der Helden von Bern, heute wäre der Abwehrspieler 90 Jahre alt geworden. DFB.de würdigt den großen Kaiserslauterer.

Die Helden von Bern sind ein Stück Kulturgut von Deutschland geworden. Über 60 Jahre nach dem Triumph im WM-Finale 1954 dürfte es immer weniger Deutschen gelingen, die ganze Elf aufzuzählen. Torschützen bleiben natürlich präsent wie "Boss" Helmut Rahn, der auf ewig aus dem Hintergrund schießen dürfte, und Kultfiguren wie Kapitän Fritz Walter, nach dem das Kaiserslauterer Stadion benannt ist. Oder Torwart Toni Turek, der in der Radioreportage von Werner Zimmermann zum "Fußballgott" wurde. Diejenigen, die schon damals etwas im Schatten standen, obwohl auch sie ihre Rolle meisterhaft spielten, sind heute fast vergessen. Ein Grund mehr, um an Werner Liebrich zu erinnern, der heute 90 Jahre geworden wäre.

Eigentlich hatten sie schon einen Liebrich beim FCK, und der hatte es sogar schon auf einen Spitznamen gebracht. Fritz Walter persönlich ermahnte Ernst Liebrich bei seinem Debüt in der ersten Mannschaft, er möge künftig etwas resoluter dazwischen fahren. Der gehorchte, und so nannten sie ihn "den Fahrer". Als im Kriegsjahr 1944 der erst 17 Jahre alte Werner Liebrich zum Team stieß, musste ihm das keiner sagen. Resolutes Einsteigen lag ihm im Blut, und es passte zu seinen rotblonden Haaren. Und so nannten sie ihn "den kleinen Fahrer".

Kindheit in ärmlichen Verhältnissen

Weil der Vater Kommunist gewesen war und von den Nazis eingesperrt worden war - und somit der Ernährer für fast zwei Jahre wegfiel -, wuchs Werner Liebrich in ärmlichen Verhältnissen auf. In jenen Tagen sollte dies oft die Triebfeder einer großen sportlichen Karriere sein. Werner machte seinen Weg, debütierte zeitnah in der Südwestauswahl und zählte zu den Kandidaten, die Sepp Herberger am 22. November 1950 für das erste Nachkriegsländerspiel im Blick ("Ich habe nie einen Roten gesehen, der kein guter Fußballer war") und vor allem in seinem legendären Notizbuch hatte. Das Sport Magazin charakterisierte in jenem Jahr Liebrich II, wie man ihn damals titulierte, als "starken Zerstörer, Abwehrrückgrat, Abwehr-Angelpunkt, taktisch klug, zuverlässig, hartnäckig".

Sein Länderspieldebüt ließ dennoch auf sich warten. Es erfolgte am 17. Juni 1951 in Berlin gegen die Türkei und endete mit einer Enttäuschung (1:2) - auch für den jungen Postbeamten Liebrich (bis 1956 angestellt). Das Sport Magazin kritisierte: "Liebrich konnte den verletzten Nürnberger Baumann in keiner Phase vergessen lassen. Trotz mancher Erfolge im forschen, einige Male zu forschen Nahkampf, wirkte er beim Start zum Gegner oft langsam..."

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1951: Länderspieldebüt und Meister mit Kaiserslautern

Und doch ging es schnell bergauf mit ihm. Zum Glück spielte er bei dem Verein, dem Herberger besonders wohl gesonnen war - dem 1. FC Kaiserslautern. 13 Tage nach seinem Länderspieldebüt kehrte Liebrich nach Berlin zurück, nun zu seinem zweiten Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. 1948 hatte der FCK gegen den 1. FC Nürnberg verloren. An der Seite seines Bruders und der kommenden Weltmeistern Fritz und Ottmar Walter, Werner Kohlmeyer und Horst Eckel erlebte Werner Liebrich ein 2:1 gegen Preußen Münster - und einen rauschenden Empfang in der Heimat.

Diesmal war die Presse voll des Lobes über die Leistung des "Ausputzers", fußballfachlich war er ein Mittelläufer oder Stopper - je nach Auslegung. Das Sport Magazin befand nun: "Was uns bei Liebrich II noch imponierte, war sein gepflegtes Kopfballspiel und seine weitreichenden Abschläge." Die Kopfballstärke, enthüllte das Blatt noch anlässlich seines bevorstehenden Karriereendes im Juni 1962, war das Resultat harter Trainingsarbeit. "Hundert Kopfbälle am Pendel waren in einer Übungsstunde für ihn keine Seltenheit." Sein Motto war: "Ein richtiger Fußballer lernt nie aus."

Mitglied der legendären "Walter-Elf"

Mit dem Triumph von Berlin 1951 begannen die großen Tage der "Walter-Elf", die 1953 durch das 4:1 gegen den VfB Stuttgart erneut Meister wurde sowie 1954 und 1955 im Finale als zweiter Sieger vom Platz ging. Liebrich II war immer dabei. Seine Länderspielkarriere verlief nicht so rasant. Ausgerechnet beim fatalen 1:3 in Paris im Oktober 1952, nach dem Fritz Walter tief frustriert zurücktrat, war der Abwehrrecke zurückgekehrt. Ein Glücksbringer schien er nicht zu sein, 1953 verzichtete Herberger komplett auf seine Fähigkeiten. Doch im WM-Jahr 1954 feierte Werner Liebrich seinen Durchbruch. In der Qualifikation gegen das Saarland war er wieder dabei und qualifizierte sich selbst für die Schweiz-Reise, wenn auch nicht als Stammspieler.

Er debütierte beim "Reservistenball" gegen die Ungarn in der Vorrunde, der von Herbeger einkalkulierten 3:8-Klatsche. Nach der Vorrunde kam Liebrich dann für den angeschlagenen Posipal in die Elf und blieb auch drin, als sich der Hamburger wieder gesund meldete. Zu stark hatte der Lauterer besonders im Viertelfinale gegen die Jugoslawen gekämpft, avancierte dort in einer Zeitung zum "Löwen von Genf" - ein Etikett, das fortan an ihm haftete.

1954: Liebrichs Spiel des Lebens in Wembley

So wurde er Stammspieler beim Weltmeister und einer der Helden von Bern. Über ihn schrieb der Kicker nach dem Finale: "Kein Schritt war ihm zu viel. Explosiv seine Kopfbälle, nicht irgendwohin in die Gegend gegeben, sondern den freien Mann einsetzend. Sein Tackling ohne Tadel - und erfolgreich! Man schämt sich fast, das abgedroschene Wort vom 'Turm in der Schlacht' zu gebrauchen."

Die Sportpresse wählte ihn zum besten Stopper des Turniers. Vom DFB kassierte er 1800 Mark (1000 Pauschale und 200 pro Einsatz). Es war das Startkapital für die Übernahme einer Gastwirtschaft, nach 1956 folgte eine Lotto-Toto-Annahmestelle, eine für Fußballer jener Epoche typische Art der Existenzsicherung. Zuvor aber noch - am 1. Dezember 1954 - machte Werner Liebrich in Wembley das Spiel seines Lebens. Herberger setzte sich deshalb dafür ein, dass Liebrich den Wimpel der Engländer als Souvenir mitnehmen durfte.

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Einmal Kaiserslautern, immer Kaiserslautern

Im Februar 1956 musste er noch mal nach England, in einer etwas unangenehmeren Angelegenheit. Die eine Geschichte, die ihm bei der WM widerfahren war, wollte einfach nicht ruhen. Im Vorrundenspiel gegen die Ungarn hatte er Ferenc Puskas gefoult, so dass der "Major" bis zum Finale ausfiel. Dort spielte er nicht gut, und so eignete sich das Liebrich-Foul prächtig als Ausrede für die sensationelle Niederlage.

In Puskas' Biographie stand auch zu lesen, Liebrich habe ihn dreimal absichtlich gefoult. Dagegen ging der "kleine Fahrer" mit Vollgas vor und prozessierte gegen den Verlag in London. Im Urteilsspruch vom 21. Februar 1956 wurde zwar angezweifelt, "dass Puskas wirklich das Originalmanuskript geschrieben hat", Liebrich jedoch mit 1000 Mark durch den Verlag entschädigt. Nicht sein erster Sieg vor Gericht, 1951 war er zu Unrecht wegen angeblicher Körperverletzung belangt worden.

Von der Nationalmannschaft schied er jedoch mit einer Niederlage, das 1:3 gegen die Schweiz am 21. November 1956 war sein 16. und letztes Länderspiel. Seinem Verein blieb er immer treu - ebenso wie seiner Stadt, in der ein Haus baute, das 1964 abbezahlt war. "In diesem Jahr bin ich mit meiner Familie erstmals in Urlaub gefahren, denn ich hatte die letzte Rate bezahlt", erzählte er gern. Mit 37 der erste Urlaub - es waren andere Zeiten.

Die Bundesliga kam für Liebrich zu spät

Auch für den FCK. Neunmal wurde der Klub mit Liebrich II zwischen 1947 und 1957 Südwestmeister, von über 750 Spielen für die Roten Teufel bestritt er 336 in der damals erstklassigen Oberliga Südwest, bei 28 Toren. Damit ist er Rekordspieler des FCK in der Oberliga und wird es ewig bleiben. Letztmals schnürte er am 1. Juli 1962 im Testspiel gegen die ungarische Elf des SC Tatabanya die Stiefel für seinen FCK. Mit 35 trat er ab.

So erging es ihm wie den meisten Berner Helden - die Bundesliga kam für ihn zu spät. Aber nicht ganz: Drei Berner spielten noch im 1963 eingeführten Oberhaus (Helmut Rahn, Max Morlock und Hans Schäfer), aber nur einer saß mal auf der Trainerbank: Werner Liebrich sprang im Abstiegskampf 1964/1965 neun Spiele lang für Gyula Lorant ein und hatte seinen Anteil an der Rettung der Pfälzer. Trainererfahrung hatte er zuvor schon mit der eigenen Jugend und bei den FCK-Amateuren gesammelt.

Tod mit 68: FCK ehrt Andenken der Weltmeister

Ganz im Sinne Fritz Walters lehnte er die zunehmende Kommerzialisierung des Fußballs jedoch ab und entwickelte keine weiteren Ambitionen. Dafür ging er in die Lokalpolitik und saß als SPD-Mann im Stadtrat von Kaiserslautern, nunmehr schon mit silbergrauen Haaren. Auch dort waren seine Eigenschaften wie ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn gefragt. Im geselligen Fußballerkreis wurde er wegen seines Humors geschätzt - und wegen seines Temperaments gelegentlich auch gefürchtet.

Im Alter von 68 Jahren und viel zu früh verstarb der Vater einer Tochter am 20. März 1995, sein schon dreimal operiertes Herz machte einfach nicht mehr mit. Im Fritz-Walter-Stadion erinnert ein Werner-Liebrich-Tor (am Ost-Eingang) an ihn, auf diese Weise wird das Andenken aller fünf Lauterer Weltmeister am Betzenberg gewahrt.

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