Löw: "Es wird ein Symbolspiel gegen Holland"

Es ist beileibe kein normaler Fußballalltag, den die Nationalmannschaft in der Sportschule Barsinghausen aufgenommen hat. Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff sprechen nach den barbarischen Terroranschlägen von Paris den Fragen vor Medien über den Gemütszustand der Nationalspieler nach den schrecklichen Ereignissen rund ums Länderspiel am vergangenen Freitag im Stade de France gegen Frankreich und erklären auch, warum die Austragung der Partie am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in Hannover gegen die Niederlande so wichtig ist.

JOACHIM LÖW ÜBER...

... die Nacht im Stadion: Für uns war es schwer, weil die Gefühlswelt völlig durcheinander war. Es kamen sehr viele Informationen, aber zunächst keine Bilder. Wir konnten uns nicht vorstellen, was passiert ist. Am Anfang herrschte große Unruhe und Nervosität, auch eine gewisse Angst war zu spüren. Wir wussten nicht genau, wie wir alles einordnen müssen. Wir mussten Entscheidungen treffen: Geht man ins Hotel oder bleibt man im Stadion, wo man sich relativ sicher gefühlt hat. Ein Kompliment an alle in der Kabine für die Ruhe, die sie gezeigt haben - und dass alle ihre Aufgaben erledigt haben. Man hat das Gefühl gehabt, dass es ein gutes Team ist, dass auch in einer solchen Situation zusammensteht. Ganz wenige haben geschlafen, ich nicht.

... die Solidarität der französischen mit der deutschen Mannschaft: Das habe ich so noch nie erlebt. Ich fand es eine großartige Geste, dass die französische Mannschaft und Trainer Didier Deschamps bei uns im Stadion geblieben sind. Sie haben uns angeboten, in Clairefontaine Trainingszentrum des Französischen Fußball-Verbandes FFF; Anm. d. Red.) zu übernachten und einige Zimmer zu räumen. Das zeigt die Verbundenheit zwischen den beiden Nationen und den Sportlern.

... die Reaktion der Nationalspieler und Gedanken, das Spiel abzusagen: Wir haben nicht alle Spieler einzeln gefragt, aber in der Nacht mit einigen gesprochen. Das erste Gefühl in diesem Schockzustand wa: Kann man so kurz danach spielen? Am nächsten Tag waren wir uns einig, dass es gut ist, ein Zeichen zu setzen. Alle waren der Meinung, dass das Spiel gegen Holland das richtige Symbol ist.

... seine eigene Gefühlswelt: Ich hatte Zeit, mir Gedanken zu machen und den ersten Schock dieser schrecklichen und für uns alle entsetzlichen Nacht zu verarbeiten. Mit dem, was wir in der Nacht erlebt haben, kam mir in der Kabine schon der Gedanke, ob das Spiel stattfinden kann. Ich habe mich gefragt, ob es nicht Wichtigeres als den Fußball gibt. Als ich am Samstagmorgen in Frankfurt gelandet bin, hatte ich das Gefühl, dass das Spiel nicht stattfinden kann und soll. Wir haben uns aber darauf geeinigt, uns am Sonntag zu beraten und eine Nacht darüber zu schlafen. Dann war allen klar, dass dieses Spiel stattfinden muss, als Botschaft für Freiheit und Demokratie, aber auch aus einem Gefühl der Solidarität mit unseren Freunden in Frankreich. Unsere Gedanken werden auch morgen bei den Angehörigen und Opfern sein. Wir werden weiter mittrauern und an alle Betroffenen denken. Deswegen wünsche ich mir sehr, dass diese viel zitierte sportliche Rivalität am Dienstag in den Hintergrund tritt und das Spiel für andere Werte steht. Wenn das Spiel so stattfindet, haben wir gewonnen - unabhängig vom Ergebnis.

... die psychologischen Folgen: Natürlich geht es weiter. Man muss den Blick nach vorne richten. Das verarbeiten alle einzeln und unterschiedlich. Ich hatte Kontakt mit unserem Teampsychologen Dr. Hans-Dieter Hermann, wir setzen uns heute Nachmittag zusammen und analysieren die Lage. Danach überlegen wir uns dann mögliche Maßnahmen.



Es ist beileibe kein normaler Fußballalltag, den die Nationalmannschaft in der Sportschule Barsinghausen aufgenommen hat. Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff sprechen nach den barbarischen Terroranschlägen von Paris den Fragen vor Medien über den Gemütszustand der Nationalspieler nach den schrecklichen Ereignissen rund ums Länderspiel am vergangenen Freitag im Stade de France gegen Frankreich und erklären auch, warum die Austragung der Partie am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in Hannover gegen die Niederlande so wichtig ist.

JOACHIM LÖW ÜBER...

... die Nacht im Stadion: Für uns war es schwer, weil die Gefühlswelt völlig durcheinander war. Es kamen sehr viele Informationen, aber zunächst keine Bilder. Wir konnten uns nicht vorstellen, was passiert ist. Am Anfang herrschte große Unruhe und Nervosität, auch eine gewisse Angst war zu spüren. Wir wussten nicht genau, wie wir alles einordnen müssen. Wir mussten Entscheidungen treffen: Geht man ins Hotel oder bleibt man im Stadion, wo man sich relativ sicher gefühlt hat. Ein Kompliment an alle in der Kabine für die Ruhe, die sie gezeigt haben - und dass alle ihre Aufgaben erledigt haben. Man hat das Gefühl gehabt, dass es ein gutes Team ist, dass auch in einer solchen Situation zusammensteht. Ganz wenige haben geschlafen, ich nicht.

... die Solidarität der französischen mit der deutschen Mannschaft: Das habe ich so noch nie erlebt. Ich fand es eine großartige Geste, dass die französische Mannschaft und Trainer Didier Deschamps bei uns im Stadion geblieben sind. Sie haben uns angeboten, in Clairefontaine Trainingszentrum des Französischen Fußball-Verbandes FFF; Anm. d. Red.) zu übernachten und einige Zimmer zu räumen. Das zeigt die Verbundenheit zwischen den beiden Nationen und den Sportlern.

... die Reaktion der Nationalspieler und Gedanken, das Spiel abzusagen: Wir haben nicht alle Spieler einzeln gefragt, aber in der Nacht mit einigen gesprochen. Das erste Gefühl in diesem Schockzustand wa: Kann man so kurz danach spielen? Am nächsten Tag waren wir uns einig, dass es gut ist, ein Zeichen zu setzen. Alle waren der Meinung, dass das Spiel gegen Holland das richtige Symbol ist.

... seine eigene Gefühlswelt: Ich hatte Zeit, mir Gedanken zu machen und den ersten Schock dieser schrecklichen und für uns alle entsetzlichen Nacht zu verarbeiten. Mit dem, was wir in der Nacht erlebt haben, kam mir in der Kabine schon der Gedanke, ob das Spiel stattfinden kann. Ich habe mich gefragt, ob es nicht Wichtigeres als den Fußball gibt. Als ich am Samstagmorgen in Frankfurt gelandet bin, hatte ich das Gefühl, dass das Spiel nicht stattfinden kann und soll. Wir haben uns aber darauf geeinigt, uns am Sonntag zu beraten und eine Nacht darüber zu schlafen. Dann war allen klar, dass dieses Spiel stattfinden muss, als Botschaft für Freiheit und Demokratie, aber auch aus einem Gefühl der Solidarität mit unseren Freunden in Frankreich. Unsere Gedanken werden auch morgen bei den Angehörigen und Opfern sein. Wir werden weiter mittrauern und an alle Betroffenen denken. Deswegen wünsche ich mir sehr, dass diese viel zitierte sportliche Rivalität am Dienstag in den Hintergrund tritt und das Spiel für andere Werte steht. Wenn das Spiel so stattfindet, haben wir gewonnen - unabhängig vom Ergebnis.

... die psychologischen Folgen: Natürlich geht es weiter. Man muss den Blick nach vorne richten. Das verarbeiten alle einzeln und unterschiedlich. Ich hatte Kontakt mit unserem Teampsychologen Dr. Hans-Dieter Hermann, wir setzen uns heute Nachmittag zusammen und analysieren die Lage. Danach überlegen wir uns dann mögliche Maßnahmen.

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JOACHIM LÖW WEITER ÜBER...

... die Symbolik des Holland-Spiels: Die Rivalität wird in den Hintergrund treten. Beide Mannschaften werden sich sehr professionell verhalten wollen, das Ergebnis wird aber nicht die entscheidende Rolle spielen. Es wird ein Symbolspiel werden.

... die sportliche Vorbereitung: Es ist schwierig, den Spagat hinzubekommen. Wir werden mit der Mannschaft über andere Dinge sprechen: warum das Spiel stattfindet, was die Beweggründe sind und welche Symbolik da ist. Eine Rückkehr zur Tagesordnung ist so schnell nicht möglich, aber wir werden trotzdem eine konzentrierte Leistung zeigen wollen. Der sportliche Wert tritt aber in den Hintergrund, auch die Bewertung. Dieses Spiel wird für mich nicht der Maßstab in der EM-Vorbereitung sein, so wie es ursprünglich geplant war.

... die abgereisten Spieler: Die Absagen der Spieler haben mit dem Anschlag nichts zu tun. Das war schon vorher besprochen, weil einige Spieler wie Kapitän bastian Schweinsteiger in ihren Ligen keine Winterpause haben. Wir wollen sie dementsprechend schonen. Jerome Boateng ist angeschlagen, Jonas Hector hat eine Einblutung. Die beiden stehen deshalb nicht zur Verfügung.

... seine Erwartungen an die Fans in Hannover: Ich erwarte keine La Ola oder Partystimmung. Aber dass alle mit den Spielern eine Einheit bilden und Zusammenhalt zeigen. Das wäre die wichtigste Botschaft.

... die Angst vor einem weiteren Anschlag: Wir haben mit der Mannschaft seit Samstag früh nicht gesprochen. Wir werden heute aber nochmals mit den Spielern sprechen. Im Moment haben wir keine Sorgen, weil die Sicherheitsmaßnahmen für dieses Spiel verstärkt worden sind. Es wird alles getan, um dieses Spiel sicher durchzuführen.

... die Austragung der EURO 2016 in Frankreich: Ich bin sicher, dass die EURO in Frankreich stattfinden wird, dass die Regierung und die Sicherheitsbehörden alles tun werden, um die größtmögliche Sicherheit zu garantieren. Es macht keinen Sinn, über ein anderes Land als Ausrichter zu diskutieren, denn das, was am Freitag passiert ist, kann überall passieren.

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OLIVER BIERHOFF ÜBER...

... die Nacht im Stade de France: Schlafen konnte und durfte ich nicht, weil ständig neue Infos gekommen sind. Ich war erst auf der Tribüne und habe mitbekommen, dass viel passiert ist. Man ist unsicher, was passiert, das ging unten in der Kabine so weiter. Es ist unglaublich, wie man einfach nur funktioniert. In dem Moment überlegst du nur, wen musst du informieren, sprechen, was musst du entscheiden. Da war es gut, ein gutes Team an der Seite zu haben. Es war jeder froh, als die Abreise kam. Wir wollten möglichst früh wegkommen, und als es dann so weit war, war es für viele eine Erleichterung.

... die Entscheidung für die Austragung des Holland-Spiels: Der Gedanke an eine Absage kam am Abend auch nach Diskussionen und Gesprächen mit Spielern und Betreuern. Es war teilweise auch am Tag danach so. Es war aber gut, eine Nacht darüber zu schlafen. Die Überlegung war: Was ist das richtige Zeichen als Nationalmannschaft und Sportler? Wir wissen, dass wir da gefordert sind und dass es nicht um persönliche Belange geht. Die Spieler haben das erkannt, und wir wollen das alle als Nationalmannschaft gerne annehmen und das Spiel unter diesen Aspekten angehen. Wir wollen für unsere Werte, Kultur und Freiheit eintreten und unsere Verbundenheit klarmachen.

... die Sicherheitsmaßnahmen fürs Spiel in Hannover: Die Sicherheit wurde erhöht, Polizisten mit Hunden sind vor der Ankunft durch das Hotel gegangen. Die Maßnahmen werden für das Spiel erhöht, auch weil hohe Persönlichkeiten dabei sein werden. Die Bombendrohung vom Vortag war bei den Spielern in den Köpfen. Es war aber eine tolle Zusammenarbeit mit den Franzosen, wir sind immer großartig informiert worden, dafür möchte ich einen Dank aussprechen. Alle haben mitgezogen, bei allen gab es höchste Bereitschaft, dass die Sicherheit gewährleistet ist.

... geplante Aktionen vor dem Holland-Spiel: Wir machen uns natürlich Gedanken, was wir machen können. Wir freuen uns über die vielen Zuschriften von Fans zu diesem Thema. Wir werden die Symbolik des Spiels mit verschiedenen Maßnahmen darzustellen versuchen. Der Holländische Fußball-Verband ist da sehr kooperativ, wir werden das aber noch detailliert absprechen. Es wird auf jeden Fall am Anfang des Spiel Entsprechendes passieren.

... das Thema Integration beim DFB: Es ist wichtig, dass wir das weiterhin authentisch leben. Die Integration der Menschen ist wichtig. Gerade unsere Spieler schreien es nicht heraus, sondern leben es. Spieler wie Mesut Özil oder Sami Khedira zeigen, dass man mit Migrationshintergrund etwas schaffen kann, sie sind Vorbilder. Wir dürfen aber nicht nur auf die Nationalmannschaft schauen, sondern müssen auch die Ehrenamtlichen in den Vereinen sehen. Alle sind auf verschiedenen Stufen und in Funktionen gefordert. In unserem Bereich wollen wir gerne diese Verpflichtung wahrnehmen und werden das auch in Zukunft stark fördern.