Deutschland gegen Australien: Bei Turnieren immer siegreich

Die Länderspielhistorie der deutschen Nationalmannschaft mit Australien hat bisher fünf Kapitel, Siege gab es nur bei Turnieren. Ein gutes Omen also für die Auftaktbegegnung im Confederations Cup am Montag (ab 17 Uhr, live im ZDF). Der Historiker Udo Muras blickt zurück auf ein Duell, das es erst seit 1974 gibt.

In Australien ist eine deutsche Nationalmannschaft nie gewesen, für einen Freundschaftsbesuch ist die Entfernung eben doch zu groß. Doch die Australier mussten sich schon viermal auf den Weg gen Deutschland machen – und sie kamen gerne. 1974 nahmen sie erstmals überhaupt an einer WM teil, das war die 16.000 Kilometer-Reise wert. Und 2005 nutzten sie den Confed-Cup zur Vorbereitung auf die Sommermärchen-WM. Das dritte Treffen war das einzige auf neutralem Platz – in Durban war es für beide das Auftaktspiel bei der WM 2010 in Südafrika. Es folgten zwei Testspiele 2011 und 2015. Für Unterhaltung war bei in der Summe 14:7 Toren stets gesorgt.

Das erste Treffen

An das erste Treffen haben die Deutschen aber weniger gute Erinnerungen. Es lehrte: Selbst ein 3:0-Sieg bei einer WM kann nicht immer zufriedenstellen. Das Hamburger Publikum hatte mehr Tore erwartet und pfiff an jenem 18. Juni 1974 nach Kräften.

Kein Wunder, wenn selbst der sachliche Kicker versprochen hatte: "Heute schießen wir uns ein". Was wusste man auch schon vom WM-Neuling? Fast gar nichts – außer dass einige englische Ex-Profis dabei waren, die ihren Karriereabend in "Down Under" verlebten. Sie wurden von den Experten als schwächste Turniermannschaft eingeschätzt, erst recht nach der Auftaktpleite gegen die DDR (0:2). Helmut Schöns Co-Trainer Jupp Derwall saß bei jenem Spiel im Stadion und meldete dem Bundestrainer: "Erstaunlich, dass die Australier soviel Kondition mitbrachten. Auch technisch haben sie, bis auf wenige Ausnahmen, überzeugt. Vorne jedoch fehlen Killer-Typen."

Ihr Trainer Rale Rasic neigte nicht gerade zur Strenge. Im Quartier in Ochsenzoll durften die Australier Bier trinken und Rumpsteak essen, Ausflüge waren jederzeit erlaubt. "Jedoch müssen die Spieler angeben, wo sie hingehen", fand der Kicker heraus. So sah man sie samstags in Gruppen beim Einkaufsbummel durch die beliebte Hamburger Mönckebergstraße laufen, später feierten sie auf Einladung eine Gartenparty an der Alster. Es entstand der Eindruck einer Freizeittruppe auf großer Fahrt. Der Verband jedoch hatte gleich drei Rückflugtermine gebucht: nach Ende der Vorrunde, nach Ende der Zwischenrunde – und drei Tage nach dem Finale. Doch der Traum platzte schnell und erst im letzten Spiel gegen Chile (0:0) holten sie einen Punkt, ein Tor gelang ihnen 1974 nicht.



Die Länderspielhistorie der deutschen Nationalmannschaft mit Australien hat bisher fünf Kapitel, Siege gab es nur bei Turnieren. Ein gutes Omen also für die Auftaktbegegnung im Confederations Cup am Montag (ab 17 Uhr, live im ZDF). Der Historiker Udo Muras blickt zurück auf ein Duell, das es erst seit 1974 gibt.

In Australien ist eine deutsche Nationalmannschaft nie gewesen, für einen Freundschaftsbesuch ist die Entfernung eben doch zu groß. Doch die Australier mussten sich schon viermal auf den Weg gen Deutschland machen – und sie kamen gerne. 1974 nahmen sie erstmals überhaupt an einer WM teil, das war die 16.000 Kilometer-Reise wert. Und 2005 nutzten sie den Confed-Cup zur Vorbereitung auf die Sommermärchen-WM. Das dritte Treffen war das einzige auf neutralem Platz – in Durban war es für beide das Auftaktspiel bei der WM 2010 in Südafrika. Es folgten zwei Testspiele 2011 und 2015. Für Unterhaltung war bei in der Summe 14:7 Toren stets gesorgt.

Das erste Treffen

An das erste Treffen haben die Deutschen aber weniger gute Erinnerungen. Es lehrte: Selbst ein 3:0-Sieg bei einer WM kann nicht immer zufriedenstellen. Das Hamburger Publikum hatte mehr Tore erwartet und pfiff an jenem 18. Juni 1974 nach Kräften.

Kein Wunder, wenn selbst der sachliche Kicker versprochen hatte: "Heute schießen wir uns ein". Was wusste man auch schon vom WM-Neuling? Fast gar nichts – außer dass einige englische Ex-Profis dabei waren, die ihren Karriereabend in "Down Under" verlebten. Sie wurden von den Experten als schwächste Turniermannschaft eingeschätzt, erst recht nach der Auftaktpleite gegen die DDR (0:2). Helmut Schöns Co-Trainer Jupp Derwall saß bei jenem Spiel im Stadion und meldete dem Bundestrainer: "Erstaunlich, dass die Australier soviel Kondition mitbrachten. Auch technisch haben sie, bis auf wenige Ausnahmen, überzeugt. Vorne jedoch fehlen Killer-Typen."

Ihr Trainer Rale Rasic neigte nicht gerade zur Strenge. Im Quartier in Ochsenzoll durften die Australier Bier trinken und Rumpsteak essen, Ausflüge waren jederzeit erlaubt. "Jedoch müssen die Spieler angeben, wo sie hingehen", fand der Kicker heraus. So sah man sie samstags in Gruppen beim Einkaufsbummel durch die beliebte Hamburger Mönckebergstraße laufen, später feierten sie auf Einladung eine Gartenparty an der Alster. Es entstand der Eindruck einer Freizeittruppe auf großer Fahrt. Der Verband jedoch hatte gleich drei Rückflugtermine gebucht: nach Ende der Vorrunde, nach Ende der Zwischenrunde – und drei Tage nach dem Finale. Doch der Traum platzte schnell und erst im letzten Spiel gegen Chile (0:0) holten sie einen Punkt, ein Tor gelang ihnen 1974 nicht.

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Overath lässt Zuschauer verstummen

In Ermangelung von Superstars konzentrierte sich das Interesse der deutschen Berichterstatter auf den Mann, der gegen Gerd Müller spielen musste: der deutschstämmige Verteidiger Manfred Schäfer, geboren in Königsberg, aufgewachsen in Mannheim, war im Hauptberuf Milchmann und lieferte in Sydney bis zu 1000 Flaschen täglich aus. "Sollte Müller gegen uns kein Tor schießen, wäre das der größte Erfolg meiner Karriere", teilte er mit. Da hatte er leider Pech. Ein Teil der 55.000 Zuschauer im Volksparkstadion begann schon bei der Aufstellung zu pfeifen, es wollte lieber Madrid-Legionär Günter Netzer sehen anstelle des in einer Formkrise steckenden Kölners Wolfgang Overath.

Kapitän Franz Beckenbauer munterte Overath auf: "Heute ist dein Tag, Wolfgang. Geh ruhig hin und riskiere was, schieß auch mal!". Und Overath gehorchte dem Kaiser. Schon in der zwölften Minute glückte ihm das 1:0 – aus 20 Metern. Uli Hoeneß vergab gleich drei Mal in aussichtsreicher Position, "vor Zorn riss ich mir dabei einen Büschel Haare aus." Besser machte es der Kölner Bernd Cullmann per Kopf, mit 2:0 ging es in die Kabinen. Overath wurde plötzlich in Sprechchören gefeiert, weshalb er einem Fotografen zurief: "Ja, so wandelbar ist die Gunst der Massen."

Der Traum des Milchmanns

Danach zerstörte Gerd Müller den Traum des Milchmanns und köpfte sein obligatorisches Tor. Nach jenem 3:0 in der 53. Minute legten die Deutschen den Schongang ein. Es wollte sich nun keiner mehr verletzen, nachdem Jupp Heynckes und Bernd Cullmann schon angeschlagen ausgeschieden waren. "Gesundheit ging vor. Denn die Australier langten bisweilen nach dem Motto ‚rau, aber herzlich’ kräftig hin.", schrieb Uli Hoeneß in seinem WM-Buch. Außerdem war die Zwischenrunde ja schon erreicht. Dieses Kalkül missfiel den Zuschauern. Sie begannen zu pfeifen, riefen "aufwachen" und "aufhören".

"Ich kann das verstehen. Nach dem 3:0 haben wir wirklich nicht mehr viel getan und mehr an das kommende Spiel gegen die DDR als an einen hohen Sieg gegen Australien gedacht", gestand Beckenbauer, der wegen einer abfälligen Geste nach 80 Minuten besonders heftig ausgepfiffen wurde. Nachdem der Australier Abonyi sogar den Pfosten traf, wurde der Außenseiter vom Publikum angefeuert. Und als Gerd Müller kurz vor Schluss übers Tor schoss, riefen einige Verärgerte gar nach HSV-Idol Uwe Seeler, das seine Karriere zwei Jahre zuvor beendet hatte. So war der Schlusspfiff des ägyptischen Schiedsrichters namens Kamel eine Erlösung. Die in Sydney erscheinende Soccer World schrieb anno 1974: "Hätten die Australier ihre schrecklichen Komplexe früher verloren, wäre das Ergebnis noch knapper ausgefallen."

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Zwischen Ernüchterung und Euphorie

Das war erst 31 Jahre später der Fall, als die nun von Jürgen Klinsmann trainierte Nationalelf in Frankfurt zu einem denkbar knappen Sieg kam. Das erste Spiel des Confed-Cups endete 4:3 und der Kicker titelte: "Es gibt noch viel zu tun!". Das realisierte man schon zur Pause (2:2), zweimal hatten die Gäste ausgeglichen. Kevin Kuranyi hatte das 1:0 erzielt, Verteidiger Per Mertesacker mit seinem ersten Länderspieltreffer das 2:1.

Doch die mittlerweile auch international erfahrene Mannschaft der Gäste, in der zehn Legionäre standen, hielt dagegen. Der in Ankara spielende Skoko traf zum 1:1, Aloisi von Osasuna zum 2:2. Nach einer Stunde holte Arne Friedrich einen Elfmeter heraus, den der Capitano Michael Ballack verwandelte. Aber erst ein Linksschuss (88.) des damaligen Kölner Zweitliga-Spielers Lukas Podolski entschied das Spiel, Aloisis zweiter Treffer kam zu spät. Euphorie machte sich nicht breit unter den 48.000 Besuchern, waren die Socceroos doch spielerisch keineswegs unterlegen gewesen und die neu zusammengestellte Abwehr vor Routinier Oliver Kahn wackelte. Drei Gegentore waren nicht gerade ein passendes Geburtstagsgeschenk für Kahn, der an jenem 16. Juni 36 wurde.

Souveräner Start in die WM 2010

Nicht die leiseste Kritik gab es nach der dritten Begegnung mit den Australiern. Am Sonntag, den 13. Juni 2010, erwischte das Team von Joachim Löw einen Traumstart (4:0) ins WM-Turnier von Südafrika. Davon war nach all den Ausfällen nicht auszugehen, auch Löw warnte noch: "Diese Australier sind sehr schwer zu schlagen." Da irrte sich der Bundestrainer mal gern, seine Schützlinge widerlegten ihn eindrucksvoll. Von Beginn an mutig, erarbeiteten sie sich serienweise Chancen und Lukas Podolski traf bereits in der achten Minute nach herrlichem Rückpass des WM-Neulings Thomas Müller. Als Miroslav Klose nach Lahms Flanke per Kopf vor Australien-Keeper Mark Schwarzer am Ball war, hieß es 2:0 (27.).

Sein Gegenüber Manuel Neuer bekam wenig zu tun und als Cahill nach einem Foul an Schweinsteiger (56.) vom Platz flog, zitterte niemand mehr im deutschen Lager. Müller (68.) und Joker Cacau (70.) mit seinem ersten Ballkontakt erhöhten zum 4:0-Endstand. Die Welt horchte auf, so stark sah man die Deutschen rein spielerisch lange nicht. Man kannte Klose, Schweinsteiger und Podolski, nun aber waren auch Namen wie Mesut Özil, Sami Khedira und Thomas Müller plötzlich in aller Munde. Der Daily Telegraph schrieb beeindruckt: "Es ist Zeit, Klischees zu verbannen und die Stereotypen über den deutschen Fußball dem Mülleimer der Geschichte anzuvertrauen."

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Missglückte Testspiele

So erfolgreich auch die Spiele bei Turnieren endeten, in Tests gab es keine deutschen Siege mehr. Weder am 29. März 2011 in Mönchengladbach (1:2) noch beim bis dato fünften und letzten Treffen am 25. März 2015 in Kaiserslautern (2:2). Für den ersten australischen Sieg zeichnete ausgerechnet ein Deutscher verantwortlich: Holger Osieck, bei der WM 1990 noch Assistent von Franz Beckenbauer, saß auf der Bank der Gäste, die auch der Rückstand durch das Tor von Mario Gomez (26.) nicht aus der Bahn warf.

Löws Experimente forderten ihren Tribut. Außenverteidiger Christian Träsch im sechsten Länderspiel war an beiden Gegentreffern beteiligt, auch Torwart Tim Wiese (vierter Einsatz) sah nicht immer gut aus. Sven Bender (Dortmund) debütierte, der Mainzer Andre Schürrle bestritt sein zweites Länderspiel. Es war eine Elf, die mehr als 90 Minuten gebraucht hätte, um sich zu finden. Der Doppelschlag der Socceroos durch Carney (61.) und Wilkshire (64., Elfmeter) lähmte die DFB-Auswahl, die zu allem Übel auch noch ihr 1000. Gegentor seit der Premiere 1908 hinnehmen musste. "1:2 – Dicke Patzer kosten den Sieg", titelte der Kicker nach einem enttäuschenden Abend.

Remis im letzten Vergleich

Vier Jahre später war die Schlagzeile nicht freundlicher: "Dieser Test ist missglückt". Löw testete wieder, was der Kader her gab, setzte von 16 geladenen Weltmeistern nur sechs ein, die anderen brauchte er für die wichtigere Partie in Georgien drei Tage später (EM-Qualifikation). Dieses Spiel nutzte er lieber, um zwei verdienten Kräften zum Comeback zu verhelfen: Ilkay Gündogan spielte nach fast zwei Jahren wieder, Holger Badstuber gar nach fast drei Jahren. Der Kölner Jonas Hector stand erstmals in der Startformation, auf der Bank blieben die Weltmeister Boateng, Kroos, Müller, Hummels und Schweinsteiger. Das Ergebnis war zweitrangig.

Vor Anpfiff der Partie am Betzenberg (47.106 Zuschauer) wurde der Opfer der Flugzeugkatastrophe in den französischen Alpen gedacht, unter denen viele Deutsche waren. Die Stimmung hellte sich ein wenig auf, als Marco Reus einmal mehr seine Qualitäten als Türöffner bewies und zum 1:0 (17.) traf. Per Kopf glich Troisi (40.) aus, mit 1:1 ging es in die Pause. Als Jedinak Ron-Robert Zieler mit einem Freistoß überwand (50.), drohte die zweite Heimniederlage in Folge gegen Australien, doch Joker Lukas Podolski hatte etwas dagegen und traf acht Minuten nach seiner Einwechslung zum 2:2-Endstand (81.). So kam es im fünften Duell zum ersten Unentschieden mit Australien.

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