Pauli-Pokalheld Schultz: "Wir waren am Millerntor eine Macht"

Der siebte Streich: Am 29. April (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) empfängt Drittligist Arminia Bielefeld den Bundesligazweiten VfL Wolfsburg im DFB-Pokalhalbfinale. So weit drangen zuvor nur sechs andere drittklassige Klubs vor. Drei von ihnen schafften sogar den Sprung ins Endspiel - den "Pott" geholt hat freilich keiner der Außenseiter in Berlin.

Seit Einführung der 3. Liga 2008 ist Bielefeld deren erster Vertreter in der Vorschlussrunde. Ein Team aus der vierten Liga oder darunter stand noch nie im DFB-Pokalhalbfinale. Umso bemerkenswerter ist die Leistung von Arminia und Co. - und für DFB.de Grund genug, um in einer Miniserie die bisherigen Sensationshalbfinalisten zu würdigen. Heute im Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen: Timo Schultz, der immer noch beim FC St. Pauli - im Nachwuchsbereich - tätig ist, über den Siegeszug des damaligen Regionalligisten aus Hamburg in der Pokalsaison 2005/2006.

DFB.de: Herr Schultz, der FC St. Pauli sorgte damals für ordentlich Furore im Pokal. Sie haben im Viertelfinale gegen Werder Bremen selber ein Tor erzielt. Wie ist es zu erklären, wenn ein Drittligist höherklassige Vereine reihenweise ausschaltet?

Timo Schultz: Unser Szenario damals lässt sich gut mit dem aktuellen Erfolg von Arminia Bielefeld vergleichen: Man hat für einen Drittligisten eine relativ gute Mannschaft, man tritt im Pokal immer zu Hause an und entwickelt einen Lauf. Das Wissen, dass man in diesen Spielen eigentlich nur gewinnen kann, beflügelt enorm. Hat man dann eine gute Gruppendynamik und eine robuste, zweikampfstarke Mannschaft, kann man jedem Gegner wehtun.

DFB.de: Hatte Ihre Mannschaft zuvor auch etwas von den schlechten Platzverhältnissen profitiert? Das Viertelfinale gegen Werder Bremen wäre fast abgesagt worden.

Schultz: Vielleicht hätten wir auf einem grünen Teppich sogar noch höher gegen Bremen gewonnen. (lacht) Nein, natürlich helfen solche Faktoren. Auch vor dem Spiel gegen Hertha BSC hatte es drei Tage durchgehend geregnet. Das spricht für den Underdog.

DFB.de: Wie hat die Mannschaft das Pokallos Bayern München überhaupt aufgenommen?

Schultz: Wir haben uns geärgert. Arminia Bielefeld und Eintracht Frankfurt wären uns lieber gewesen. Beide Mannschaften steckten bis zum Hals im Abstiegskampf. Die Chance auf den Finaleinzug wäre sicherlich größer gewesen. Witzigerweise haben wir in den Runden zuvor immer auf ein Spiel gegen Bayern gehofft. Aber wenn man im Halbfinale steht, möchte man auch nach Berlin gelangen. Von daher war Bayern kein gutes Los.

DFB.de: Mit welcher Taktik sind Sie in das Halbfinale gegangen?

Schultz: Wir waren voller Selbstvertrauen, wollten die Bayern attackieren und nach vorne spielen. Dennoch wussten wir, dass wir nicht in jeder Halbzeit sechs Torchancen haben würden. In erster Linie ging es darum, unangenehm zu sein, dem Gegner weh zu tun und ihn zu fordern. Man darf sich nicht ängstlich hinten reinstellen und auf das Gegentor warten.

DFB.de: Das Gegentor erfolgte nach 15 Minuten durch einen Distanzschuss von Owen Hargreaves. War die Hoffnung auf eine weitere Sensation damit hinüber?

Schultz: Nein. Wir waren damals am alten Millerntor eine Macht und hatten bereits viele Spiele umgebogen. Wir haben auch bis weit in die zweite Halbzeit hinein das Spiel offen gehalten, hatten sogar einige Chancen. Gegen Spielende hat Claudio Pizarro leider noch zwei Tore gemacht.



Der siebte Streich: Am 29. April (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) empfängt Drittligist Arminia Bielefeld den Bundesligazweiten VfL Wolfsburg im DFB-Pokalhalbfinale. So weit drangen zuvor nur sechs andere drittklassige Klubs vor. Drei von ihnen schafften sogar den Sprung ins Endspiel - den "Pott" geholt hat freilich keiner der Außenseiter in Berlin.

Seit Einführung der 3. Liga 2008 ist Bielefeld deren erster Vertreter in der Vorschlussrunde. Ein Team aus der vierten Liga oder darunter stand noch nie im DFB-Pokalhalbfinale. Umso bemerkenswerter ist die Leistung von Arminia und Co. - und für DFB.de Grund genug, um in einer Miniserie die bisherigen Sensationshalbfinalisten zu würdigen. Heute im Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen: Timo Schultz, der immer noch beim FC St. Pauli - im Nachwuchsbereich - tätig ist, über den Siegeszug des damaligen Regionalligisten aus Hamburg in der Pokalsaison 2005/2006.

DFB.de: Herr Schultz, der FC St. Pauli sorgte damals für ordentlich Furore im Pokal. Sie haben im Viertelfinale gegen Werder Bremen selber ein Tor erzielt. Wie ist es zu erklären, wenn ein Drittligist höherklassige Vereine reihenweise ausschaltet?

Timo Schultz: Unser Szenario damals lässt sich gut mit dem aktuellen Erfolg von Arminia Bielefeld vergleichen: Man hat für einen Drittligisten eine relativ gute Mannschaft, man tritt im Pokal immer zu Hause an und entwickelt einen Lauf. Das Wissen, dass man in diesen Spielen eigentlich nur gewinnen kann, beflügelt enorm. Hat man dann eine gute Gruppendynamik und eine robuste, zweikampfstarke Mannschaft, kann man jedem Gegner wehtun.

DFB.de: Hatte Ihre Mannschaft zuvor auch etwas von den schlechten Platzverhältnissen profitiert? Das Viertelfinale gegen Werder Bremen wäre fast abgesagt worden.

Schultz: Vielleicht hätten wir auf einem grünen Teppich sogar noch höher gegen Bremen gewonnen. (lacht) Nein, natürlich helfen solche Faktoren. Auch vor dem Spiel gegen Hertha BSC hatte es drei Tage durchgehend geregnet. Das spricht für den Underdog.

DFB.de: Wie hat die Mannschaft das Pokallos Bayern München überhaupt aufgenommen?

Schultz: Wir haben uns geärgert. Arminia Bielefeld und Eintracht Frankfurt wären uns lieber gewesen. Beide Mannschaften steckten bis zum Hals im Abstiegskampf. Die Chance auf den Finaleinzug wäre sicherlich größer gewesen. Witzigerweise haben wir in den Runden zuvor immer auf ein Spiel gegen Bayern gehofft. Aber wenn man im Halbfinale steht, möchte man auch nach Berlin gelangen. Von daher war Bayern kein gutes Los.

DFB.de: Mit welcher Taktik sind Sie in das Halbfinale gegangen?

Schultz: Wir waren voller Selbstvertrauen, wollten die Bayern attackieren und nach vorne spielen. Dennoch wussten wir, dass wir nicht in jeder Halbzeit sechs Torchancen haben würden. In erster Linie ging es darum, unangenehm zu sein, dem Gegner weh zu tun und ihn zu fordern. Man darf sich nicht ängstlich hinten reinstellen und auf das Gegentor warten.

DFB.de: Das Gegentor erfolgte nach 15 Minuten durch einen Distanzschuss von Owen Hargreaves. War die Hoffnung auf eine weitere Sensation damit hinüber?

Schultz: Nein. Wir waren damals am alten Millerntor eine Macht und hatten bereits viele Spiele umgebogen. Wir haben auch bis weit in die zweite Halbzeit hinein das Spiel offen gehalten, hatten sogar einige Chancen. Gegen Spielende hat Claudio Pizarro leider noch zwei Tore gemacht. ###more###

DFB.de: Fühlten Sie sich spielerisch gegen die großen Bayern unterlegen?

Schultz: Die damalige Mannschaft der Bayern hatte nicht die gleiche Dominanz wie heute. Bayern hatte gute Einzelspieler. Vieles war auf individuelle Klasse von Spielern wie Michael Ballack und Roy Makaay ausgelegt. Wir hatten die Zuschauer im Rücken, zudem war der Platz nicht sonderlich gut. Wir sind nicht nur hinterher gerannt wie die heutigen Gegner von Bayern. Trotzdem waren die Münchner natürlich besser als wir.

DFB.de: Wie war die Gefühlslage nach Spielende?

Schultz: Erst einmal waren wir enttäuscht. Im Nachhinein war das Gesamtpaket natürlich für den Verein und für uns Spieler eine riesige Sache. Aber niemand freut sich, wenn ein Spiel verloren geht.

DFB.de: Ihre Mannschaft hatte den Aufstieg damals deutlich verpasst. Können die spektakulären Pokalspiele vom tristen Ligaalltag ablenken?

Schultz: Wir hatten damals eine Mannschaft, die sehr kampf- und laufstark gewesen ist. Deshalb waren wir im Pokal erfolgreich. Wir konnten aber nicht unbedingt dominant auftreten. Das wurde uns wiederum in der Regionalliga zum Verhängnis. Und zugeben: Im Unterbewusstsein spielten die bevorstehenden Pokalspiele immer eine gewisse Rolle. Das sind einfach Highlights, auf die jeder Spieler hinfiebert. Das lässt sich nicht mit einem Auswärtsspiel in Emden vergleichen. Die Anspannung und die Geilheit ist bei weitem nicht so groß.

DFB.de: Nun steht das Halbfinale zwischen Arminia Bielefeld und dem VfL Wolfsburg an. Halten Sie ein Pokalwunder für möglich?

Schultz: Absolut. Es gibt einige Faktoren, die für Bielefeld sprechen. Sie haben einen wahnsinnigen Run, sie haben eine Aufstiegseuphorie, sie haben eine DFB-Pokal Euphorie und sie scheinen eine homogene und kompakte Mannschaft zu sein. Sie können aggressiv spielen und haben vorne mit Fabian Klos einen Stürmer, der auch die Bälle halten kann. VfL Wolfsburg ist natürlich in der Bundesliga und in den Pokalwettbewerben gut dabei. Aber sie haben diese Dreifach-Belastung. Und das Wissen, in Bielefeld eigentlich nur verlieren zu können, spielt immer eine psychologische Rolle.