Julian Koch: "Ich bekomme immer noch Gänsehaut"

Nur gucken, nicht anfassen. Noch nicht, nicht vorher. "Das mache ich erst nach dem Finale, wenn wir gewonnen haben", sagte Julian Koch neulich bei der Übergabe der begehrten Trophäe an die Stadt Berlin. Das will er unbedingt, auch wenn er am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD) im DFB-Pokalfinale gegen Schalke 04 nicht auf dem Platz stehen kann.

Julian Koch, einer der Duisburger Pokalhelden, fällt schon seit fast drei Monaten aus und muss auch im Olympiastadion passen. Und doch: Koch hat in diesem Jahr Glück gehabt. Nach einer schweren Verletzung hätte ihm beinahe sein rechtes Bein amputiert werden müssen. In einer Not-OP wurde es gerettet. Mittlerweile kann der 20-Jährige wieder ohne Krücken gehen, doch es wird noch einige Zeit dauern, ehe er wieder spielen kann. DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen stellt den deutschen U 21-Nationalspieler vor.

Schwere Verletzung gegen Oberhausen

Ein Zweikampf, eine unglückliche Bewegung, ein schmerzverzerrtes Gesicht, die Gewissheit, dass etwas gerissen oder gebrochen ist. Fußballer merken es, wenn etwas Schlimmes passiert ist. Auch Julian Koch wusste es Ende Februar im Spiel gegen Oberhausen sofort, sein rechtes Knie tat höllisch weh. "Natürlich wusste ich nicht, was es genau war", sagt Koch. Nur, dass es erheblich war. Doch das Knie schwoll nicht an, eigentlich ein gutes Zeichen. Für den nächsten Nachmittag wurde ein MRT-Termin vereinbart, Koch durfte nach Hause. Als er am Morgen danach aufwachte, war sein ganzes Bein geschwollen, und statt bis zum Nachmittag zu warten, fuhr er gleich ins Krankenhaus. Eine Not-OP wurde angesetzt, ein Kompartmentsyndrom festgestellt.

Dabei führt erhöhter Druck im Gewebe dazu, dass es weniger durchblutet wird. "Die Ärzte sagten mir nachher, wenn ich vier oder fünf Stunden später ins Krankenhaus gekommen wäre, hätte das Bein vielleicht amputiert werden müssen", sagt Koch. "Ich wäre von jetzt auf gleich aus meinem bisherigen Leben gerissen worden. Das relativiert doch einiges." Der 20-Jährige musste vier Wochen im Bett und nur auf dem Rücken liegen. Eine Qual, gerade für einen, der es gewohnt ist, sich zu bewegen. "Es war die schwierigste Zeit meines Lebens, auch weil ich mich so machtlos fühlte", sagt er. "Die erste Woche war die allerschlimmste, weil ich im Grunde von 100 auf Null gefallen bin, was die körperliche Belastung angeht."

Wer viel Zeit hat, macht sich viele Gedanken. "Natürlich hatte ich manchmal Angst. Ich wusste, das Bein ist gerettet, aber ob ich noch mal würde spielen können?" sagt Koch. Die Ärzte nahmen ihm diese Sorge, doch sie sagten auch, dass der Weg lang werden würde, mehrere Monate. Aber immerhin eine Perspektive, die Mut macht: "Du wirst es schaffen, du wirst wieder spielen!" Beugen kann er das Knie inzwischen schon wieder, Krücken braucht er nicht mehr. Er deutet auf die Orthese, die Schiene, die über seine Hose geschnallt ist. Nur sie zeigt noch deutlich, warum er derzeit Zuschauer ist. Im Juni folgt die Kreuzband-OP. "Es war fast schon ein Totalschaden im Knie", sagt er. "Aber langsam geht's mir wieder gut."

Videobotschaft vom Krankenbett

Die Verletzung passierte nur wenige Tage vor dem Halbfinale des DFB-Pokals zwischen Duisburg und Cottbus. Koch, der mit teils überragenden Leistungen großen Anteil am Vorstoß der "Zebras" in die Runde der letzten vier gehabt hatte, war fest eingeplant für den Coup, ins Finale einzuziehen. "Seine Verletzung ist ein Schock", sagte Milan Sasic, Duisburgs Trainer, und würdigte den Leihspieler von Borussia Dortmund als "Prototyp des MSV-Spielers, mit Wucht und Leidenschaft". Die komplette Mannschaft besuchte den Kollegen im Krankenhaus, keiner fehlte. "Das war eine große Geste von den Jungs", sagt Koch. Srdjan Baljak sagte: "Julian ist unser Bester. Wir wollen auch für ihn gewinnen."



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Nur gucken, nicht anfassen. Noch nicht, nicht vorher. "Das mache ich erst nach dem Finale, wenn wir gewonnen haben", sagte Julian Koch neulich bei der Übergabe der begehrten Trophäe an die Stadt Berlin. Das will er unbedingt, auch wenn er am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD) im DFB-Pokalfinale gegen Schalke 04 nicht auf dem Platz stehen kann.

Julian Koch, einer der Duisburger Pokalhelden, fällt schon seit fast drei Monaten aus und muss auch im Olympiastadion passen. Und doch: Koch hat in diesem Jahr Glück gehabt. Nach einer schweren Verletzung hätte ihm beinahe sein rechtes Bein amputiert werden müssen. In einer Not-OP wurde es gerettet. Mittlerweile kann der 20-Jährige wieder ohne Krücken gehen, doch es wird noch einige Zeit dauern, ehe er wieder spielen kann. DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen stellt den deutschen U 21-Nationalspieler vor.

Schwere Verletzung gegen Oberhausen

Ein Zweikampf, eine unglückliche Bewegung, ein schmerzverzerrtes Gesicht, die Gewissheit, dass etwas gerissen oder gebrochen ist. Fußballer merken es, wenn etwas Schlimmes passiert ist. Auch Julian Koch wusste es Ende Februar im Spiel gegen Oberhausen sofort, sein rechtes Knie tat höllisch weh. "Natürlich wusste ich nicht, was es genau war", sagt Koch. Nur, dass es erheblich war. Doch das Knie schwoll nicht an, eigentlich ein gutes Zeichen. Für den nächsten Nachmittag wurde ein MRT-Termin vereinbart, Koch durfte nach Hause. Als er am Morgen danach aufwachte, war sein ganzes Bein geschwollen, und statt bis zum Nachmittag zu warten, fuhr er gleich ins Krankenhaus. Eine Not-OP wurde angesetzt, ein Kompartmentsyndrom festgestellt.

Dabei führt erhöhter Druck im Gewebe dazu, dass es weniger durchblutet wird. "Die Ärzte sagten mir nachher, wenn ich vier oder fünf Stunden später ins Krankenhaus gekommen wäre, hätte das Bein vielleicht amputiert werden müssen", sagt Koch. "Ich wäre von jetzt auf gleich aus meinem bisherigen Leben gerissen worden. Das relativiert doch einiges." Der 20-Jährige musste vier Wochen im Bett und nur auf dem Rücken liegen. Eine Qual, gerade für einen, der es gewohnt ist, sich zu bewegen. "Es war die schwierigste Zeit meines Lebens, auch weil ich mich so machtlos fühlte", sagt er. "Die erste Woche war die allerschlimmste, weil ich im Grunde von 100 auf Null gefallen bin, was die körperliche Belastung angeht."

Wer viel Zeit hat, macht sich viele Gedanken. "Natürlich hatte ich manchmal Angst. Ich wusste, das Bein ist gerettet, aber ob ich noch mal würde spielen können?" sagt Koch. Die Ärzte nahmen ihm diese Sorge, doch sie sagten auch, dass der Weg lang werden würde, mehrere Monate. Aber immerhin eine Perspektive, die Mut macht: "Du wirst es schaffen, du wirst wieder spielen!" Beugen kann er das Knie inzwischen schon wieder, Krücken braucht er nicht mehr. Er deutet auf die Orthese, die Schiene, die über seine Hose geschnallt ist. Nur sie zeigt noch deutlich, warum er derzeit Zuschauer ist. Im Juni folgt die Kreuzband-OP. "Es war fast schon ein Totalschaden im Knie", sagt er. "Aber langsam geht's mir wieder gut."

Videobotschaft vom Krankenbett

Die Verletzung passierte nur wenige Tage vor dem Halbfinale des DFB-Pokals zwischen Duisburg und Cottbus. Koch, der mit teils überragenden Leistungen großen Anteil am Vorstoß der "Zebras" in die Runde der letzten vier gehabt hatte, war fest eingeplant für den Coup, ins Finale einzuziehen. "Seine Verletzung ist ein Schock", sagte Milan Sasic, Duisburgs Trainer, und würdigte den Leihspieler von Borussia Dortmund als "Prototyp des MSV-Spielers, mit Wucht und Leidenschaft". Die komplette Mannschaft besuchte den Kollegen im Krankenhaus, keiner fehlte. "Das war eine große Geste von den Jungs", sagt Koch. Srdjan Baljak sagte: "Julian ist unser Bester. Wir wollen auch für ihn gewinnen."

Als Dankeschön überbrachte Koch vor dem Spiel gegen Cottbus eine Videobotschaft vom Krankenbett, die im Stadion über die Leinwände flimmerte. Die Duisburger gewannen vor ausverkauftem Haus mit 2:1, beim Feiern zeigten die Spieler ein Plakat mit den Worten: "Alles Gute, Jule!" Dem kullerten die Tränen über die Wangen. Wochenlang hatte er sich auf das Spiel gefreut. Jetzt liefen die 90 Minuten auf einem kleinen Krankenhaus-Fernseher, die Mannschaft feierte, und er lag im Bett. "Das war anders geplant", sagt er. "Das Zuschauen fiel mir sehr schwer, auch wenn ich mich natürlich für diese tolle Mannschaft gefreut habe. Wir sind ein echtes Team."

Diese tolle Mannschaft – aus ihr war Koch bis dahin nicht wegzudenken gewesen. Der "Kicker" führt ihn als notenbesten Spieler der gesamten 2. Bundesliga. Schon vor der Saison hatte Sasic den damals 19-Jährigen zum stellvertretenden Kapitän gemacht. Zeitweise führte Koch sogar sein Team aufs Feld. Eine richtig große Aufgabe sei das, sagt er, und eine unheimliche Ehre.

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"Dieses Spiel war der Knackpunkt"

Spätestens im Pokal-Achtelfinale beim 1. FC Köln wurde klar: Mit diesem MSV ist zu rechnen. Ein eingeschworener Haufen, ein 20-Jähriger namens Julian Koch und ein 35-Jähriger namens Ivo Grlic als Anführer, außergewöhnliche Offensivspieler wie Olcay Sahan, Srdjan Baljak und Stefan Maierhofer, anders ausgedrückt: eine richtig gute Mannschaft, die beim 2:1 in Köln eine Top-Leistung brachte. Maierhofer und Koch erzielten die Tore, Terodde konnte nur noch verkürzen. Mehr als 10.000 Duisburger feierten kurz vor Weihnachten im fremden Stadion.

"Dieses Spiel war der Knackpunkt", sagt Koch und schüttelt sich kurz. "Ich bekomme immer noch Gänsehaut,wenn ich daran denke. Wenn man so einen Sieg nach Hause trägt, weiß man, was man alles schaffen kann." Einen Monat später musste der nächste Erstligist dran glauben. Der 1. FC Kaiserslautern wurde 2:0 geschlagen. Dann kam Cottbus, jetzt wartet Schalke, der Revier-Nachbar.

Koch bleibt in Berlin nur die Zuschauerrolle. Nur oder immerhin. Denn auch seinetwegen steht der MSV im Finale. "Bis zur Verletzung war es eine richtig gute Saisonfür mich", sagt er. "Ich habe alles erreicht, was ich wollte, habe viel gespielt. Das wäre auch so weitergegangen, denke ich." Daran haben auch seine Wegbegleiter keinen Zweifel. "Julian ist ein außergewöhnliches Talent", sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp und stellte sogleich klar, dass man Koch zurückholen wolle.

Sasic traut Koch den Sprung in A-Nationalmannschaft zu

Auch Milan Sasic ist begeistert. "Ich bin zu 100 Prozent überzeugt davon, dass Julian es schaffen kann, A-Nationalspieler zu werden", sagte Duisburgs Übungsleiter nach einem der vielen starken Auftritte des Defensivspielers. "Er wird seinen Weg machen. Wie er seinen Beruf lebt und liebt, wie abgeklärt er für sein Alter ist, das alles deutet darauf hin, was er in seiner Laufbahn noch erreichen kann." Na, klar, das ehre ihn, wenn der Trainer so etwas sage, meint Koch, der aktuell in der deutschen U 21 spielt und auch mit DFB-Trainer Rainer Adrion in Kontakt steht: "Von der Nationalmannschaft träumt doch jeder. Aber im Moment ist das für mich in weite Ferne gerückt."

Die Ambition ist derzeit eine andere: fit werden und das so schnell wie möglich. In der Rückrunden-Vorbereitung der kommenden Saison wolle er wieder dabei sein. Mehr als ein halbes Jahr ist es noch bis dahin. Doch zuerst kommt das Pokalfinale. Er wird es genießen, da ist er sich ganz sicher. "Viele Freunde und Verwandte werden da sein. Das wird eine große Party", sagt er. "Anschlie ßend werden wir feiern, ob wir gewinnen oder nicht. Es so weit geschafft zu haben, ist schon eine große Leistung. Wir haben einige Mannschaften hinter uns gelassen – unter anderem Bayern München."

Die nächste und letzte, das soll Schalke 04 sein. Wie der Pokal aus der Nähe aussieht, weiß Koch ja schon. Am Samstag möchte er ihn endlich auch anfassen.