Bornemann und Schwenke: Das ungewöhnlichste Führungsduo der 3. Liga

Die 3. Liga ist voll von besonderen Spielern. DFB.de stellt die "Gesichter der 3. Liga" in seiner Serie vor. Heute: Holstein Kiels Führungsduo Andreas Bornemann und Wolfgang Schwenke.

Kiel, Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein – das ist Ostsee, das ist Kieler Woche und das ist ganz viel Handball mit ganz vielen Titeln. Doch Kiel, das ist auch Fußball, früher, als es noch keine Bundesliga gab, damals in der erstklassigen Oberliga, später in der 2. Bundesliga, heute in der 3. Liga. Fußball ist wieder chic in der Stadt an der Förde nach der Rückkehr aus der Regionalliga. Sagt Andreas Bornemann, Sportdirektor von Holstein Kiel. Sagt auch Wolfgang Schwenke, Geschäftsführer des Klubs und ehemals selbst Profi-Handballer.

Bornemann und Schwenke bilden das ungewöhnlichste Führungsduo der 3. Liga. Der eine, Schwenke, wurde mit dem THW Kiel fünfmal Deutscher Meister, dreimal Pokalsieger, stand im Champions-League-Finale, war Nationalspieler und später für eine Saison Trainer des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen. Der andere, Bornemann, hat als Manager in der Bundesliga gearbeitet, beim SC Freiburg, dem Verein, zu dem er 1998 als Jugendlicher gewechselt war, für den er sechs Bundesligaspiele bestritt und den er 2007 verließ, gefolgt von einem zehnmonatigen Intermezzo als Sportdirektor bei Alemannia Aachen.

Der schwierige Anfang: Abstieg gleich in der ersten Saison

Seit mehr als vier Jahren arbeiten Schwenke und Bornemann bei Holstein nun zusammen. Die Zeiten waren zu Beginn nicht einfach. In der ersten Saison der beiden stieg der Verein aus der 3. Liga ab. Die Trennung von Trainer Falko Götz und die anschließende Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht sorgte bundesweit für Schlagzeilen.

>Nach dem Abstieg entschieden sich Schwenke und Bornemann für einen Weg, den nicht viele Klubs wählen, gerade nicht die, die über eine gewisse Tradition verfügen. Sie professionalisierten das Umfeld, investierten mehr in die Strukturen als in Spieler und ließen die Mannschaft sukzessive mitwachsen. "Das war anfangs auch mit unpopulären Entscheidungen verbunden, aber das ist ein normaler Prozess", sagt Schwenke.

Trainingsplätze, Halle, Kraftraum, Rasenheizung – alles neu

Heute hat Holstein Kiel drei neue Rasenplätze, einen Kunstrasen, eine Soccerhalle und einen modernen Kraftraum. Die Geschäftsstelle zog in neue Räume und wurde aufgerüstet, das Nachwuchsleistungszentrum weiterentwickelt. Holsteins Stadion verfügt mittlerweile über eine Rasenheizung, nachdem das DFB-Pokal-Viertelfinale 2012 gegen Borussia Dortmund (0:4) wegen des gefrorenen Bodens Jürgen Klopp noch die Zornesröte ins Gesicht getrieben hatte.

Sportlich hatten Kiels Verantwortliche einen Vier-Jahres-Plan aufgestellt, an dessen Ende die Rückkehr in die 3. Liga stehen sollte. "Die Presse hat daraus schnell drei Jahre gemacht", sagt Wolfgang Schwenke. Auch kein Problem. Im vergangenen Sommer, am Ende des dritten Jahres, schaffte Holstein als Meister der Regionalliga Nord den Aufstieg über die Relegationsspiele gegen den KSV Hessen Kassel (2:0, 2:1). Zwischendurch hatte das DFB-Pokal-Märchen der Saison 2011/2012, als unter anderem Bundesligist FSV Mainz 05 an Kiel scheiterte, die Begeisterung angefacht und dem gesamten Verein einen Schub gegeben.

Gesichter der 3. Liga: Saison 2013/2014

Handballer im Fußball: Schwenke und der Unterschied zum Fall Rost

Beim HSV Hamburg ist der Ansatz, einen Fußballer in verantwortlicher Position beim Handball zu installieren, vor einigen Monaten mit Frank Rost spektakulär gescheitert. Die Verbindung zwischen dem Handballer Schwenke und dem Fußballklub Holstein funktioniert dagegen wunderbar. "Die Mechanismen und die Gruppendynamik sind in den Mannschaftssportarten ähnlich, insofern ist die Umstellung gar nicht so groß", meint Schwenke: "Aber es wäre ein Fehler von mir, jetzt zu glauben, in fußballspezifischen Fachfragen ganz dick mitreden zu können."

Dafür hat er seinen Kollegen Bornemann. "Die Konstellation könnte nicht besser sein", sagt der Ex-Freiburger. Bornemann verantwortet das Sportliche, gleichzeitig verfügt er über Hintergrundwissen im kaufmännischen Bereich. Schwenke, studierter Betriebswirt, ist für den wirtschaftlichen Bereich zuständig, kann aber auch auf seine Erfahrungen als Spieler und Trainer im Leistungssport zurückgreifen. "Das ergänzt sich sehr gut, wir kennen die Sorgen und Nöte des anderen", unterstreicht Bornemann. Schwenke nickt bestätigend und bemerkt: "Wir pflegen immer ein offenes Wort."

"Wir haben keinen Grund, den THW Kiel zu attackieren"

Es wäre also alles eitel Sonnenschein – wenn die Kieler nicht vier Spieltage vor Saisonende mitten im Abstiegskampf stecken würden. Der Aufsteiger ist 15. und liegt nur drei Punkte vor einem Abstiegsplatz. Holstein setzt nun ganz auf seine Heimstärke, schon die Partie gegen Jahn Regensburg am Samstag (ab 14 Uhr) könnte die Weichen auf Klassenerhalt stellen. "Natürlich ist die Situation gefährlich", sagt Wolfgang Schwenke: "Wir müssen zusehen, uns in der 3. Liga zu etablieren, um dann die nächsten Schritte anzugehen."

Mehr als 5000 Zuschauer hat Holstein in dieser Saison pro Heimspiel, bei den Handballern des THW sind es rund 10.000. Eine Konkurrenzsituation sieht die Holstein-Führung nicht. "Wir haben keinen Grund, den Handball attackieren zu müssen", betont Andreas Bornemann: "Wir pflegen eine gesunde Koexistenz, und der Fußball wird immer seinen Platz in der Stadt finden." Es gibt sogar Gedankenspiele in beiden Klubs, ein gemeinsames Sportinternat aufzubauen.

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Die 3. Liga ist voll von besonderen Spielern. DFB.de stellt die "Gesichter der 3. Liga" in seiner Serie vor. Heute: Holstein Kiels Führungsduo Andreas Bornemann und Wolfgang Schwenke.

Kiel, Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein – das ist Ostsee, das ist Kieler Woche und das ist ganz viel Handball mit ganz vielen Titeln. Doch Kiel, das ist auch Fußball, früher, als es noch keine Bundesliga gab, damals in der erstklassigen Oberliga, später in der 2. Bundesliga, heute in der 3. Liga. Fußball ist wieder chic in der Stadt an der Förde nach der Rückkehr aus der Regionalliga. Sagt Andreas Bornemann, Sportdirektor von Holstein Kiel. Sagt auch Wolfgang Schwenke, Geschäftsführer des Klubs und ehemals selbst Profi-Handballer.

Bornemann und Schwenke bilden das ungewöhnlichste Führungsduo der 3. Liga. Der eine, Schwenke, wurde mit dem THW Kiel fünfmal Deutscher Meister, dreimal Pokalsieger, stand im Champions-League-Finale, war Nationalspieler und später für eine Saison Trainer des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen. Der andere, Bornemann, hat als Manager in der Bundesliga gearbeitet, beim SC Freiburg, dem Verein, zu dem er 1998 als Jugendlicher gewechselt war, für den er sechs Bundesligaspiele bestritt und den er 2007 verließ, gefolgt von einem zehnmonatigen Intermezzo als Sportdirektor bei Alemannia Aachen.

Der schwierige Anfang: Abstieg gleich in der ersten Saison

Seit mehr als vier Jahren arbeiten Schwenke und Bornemann bei Holstein nun zusammen. Die Zeiten waren zu Beginn nicht einfach. In der ersten Saison der beiden stieg der Verein aus der 3. Liga ab. Die Trennung von Trainer Falko Götz und die anschließende Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht sorgte bundesweit für Schlagzeilen.

>Nach dem Abstieg entschieden sich Schwenke und Bornemann für einen Weg, den nicht viele Klubs wählen, gerade nicht die, die über eine gewisse Tradition verfügen. Sie professionalisierten das Umfeld, investierten mehr in die Strukturen als in Spieler und ließen die Mannschaft sukzessive mitwachsen. "Das war anfangs auch mit unpopulären Entscheidungen verbunden, aber das ist ein normaler Prozess", sagt Schwenke.

Trainingsplätze, Halle, Kraftraum, Rasenheizung – alles neu

Heute hat Holstein Kiel drei neue Rasenplätze, einen Kunstrasen, eine Soccerhalle und einen modernen Kraftraum. Die Geschäftsstelle zog in neue Räume und wurde aufgerüstet, das Nachwuchsleistungszentrum weiterentwickelt. Holsteins Stadion verfügt mittlerweile über eine Rasenheizung, nachdem das DFB-Pokal-Viertelfinale 2012 gegen Borussia Dortmund (0:4) wegen des gefrorenen Bodens Jürgen Klopp noch die Zornesröte ins Gesicht getrieben hatte.

Sportlich hatten Kiels Verantwortliche einen Vier-Jahres-Plan aufgestellt, an dessen Ende die Rückkehr in die 3. Liga stehen sollte. "Die Presse hat daraus schnell drei Jahre gemacht", sagt Wolfgang Schwenke. Auch kein Problem. Im vergangenen Sommer, am Ende des dritten Jahres, schaffte Holstein als Meister der Regionalliga Nord den Aufstieg über die Relegationsspiele gegen den KSV Hessen Kassel (2:0, 2:1). Zwischendurch hatte das DFB-Pokal-Märchen der Saison 2011/2012, als unter anderem Bundesligist FSV Mainz 05 an Kiel scheiterte, die Begeisterung angefacht und dem gesamten Verein einen Schub gegeben.

Gesichter der 3. Liga: Saison 2013/2014

Handballer im Fußball: Schwenke und der Unterschied zum Fall Rost

Beim HSV Hamburg ist der Ansatz, einen Fußballer in verantwortlicher Position beim Handball zu installieren, vor einigen Monaten mit Frank Rost spektakulär gescheitert. Die Verbindung zwischen dem Handballer Schwenke und dem Fußballklub Holstein funktioniert dagegen wunderbar. "Die Mechanismen und die Gruppendynamik sind in den Mannschaftssportarten ähnlich, insofern ist die Umstellung gar nicht so groß", meint Schwenke: "Aber es wäre ein Fehler von mir, jetzt zu glauben, in fußballspezifischen Fachfragen ganz dick mitreden zu können."

Dafür hat er seinen Kollegen Bornemann. "Die Konstellation könnte nicht besser sein", sagt der Ex-Freiburger. Bornemann verantwortet das Sportliche, gleichzeitig verfügt er über Hintergrundwissen im kaufmännischen Bereich. Schwenke, studierter Betriebswirt, ist für den wirtschaftlichen Bereich zuständig, kann aber auch auf seine Erfahrungen als Spieler und Trainer im Leistungssport zurückgreifen. "Das ergänzt sich sehr gut, wir kennen die Sorgen und Nöte des anderen", unterstreicht Bornemann. Schwenke nickt bestätigend und bemerkt: "Wir pflegen immer ein offenes Wort."

"Wir haben keinen Grund, den THW Kiel zu attackieren"

Es wäre also alles eitel Sonnenschein – wenn die Kieler nicht vier Spieltage vor Saisonende mitten im Abstiegskampf stecken würden. Der Aufsteiger ist 15. und liegt nur drei Punkte vor einem Abstiegsplatz. Holstein setzt nun ganz auf seine Heimstärke, schon die Partie gegen Jahn Regensburg am Samstag (ab 14 Uhr) könnte die Weichen auf Klassenerhalt stellen. "Natürlich ist die Situation gefährlich", sagt Wolfgang Schwenke: "Wir müssen zusehen, uns in der 3. Liga zu etablieren, um dann die nächsten Schritte anzugehen."

Mehr als 5000 Zuschauer hat Holstein in dieser Saison pro Heimspiel, bei den Handballern des THW sind es rund 10.000. Eine Konkurrenzsituation sieht die Holstein-Führung nicht. "Wir haben keinen Grund, den Handball attackieren zu müssen", betont Andreas Bornemann: "Wir pflegen eine gesunde Koexistenz, und der Fußball wird immer seinen Platz in der Stadt finden." Es gibt sogar Gedankenspiele in beiden Klubs, ein gemeinsames Sportinternat aufzubauen.